Martin Luther – Spurensuche

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Die Leisniger Kastenordnung

Wie in vielen Teilen Deutschlands fand Luthers Thesenanschlag auch in Leisnig volle Zustimmung.  Seit 1520 berieten der Rat der Stadt und die Ältesten der Gemeinde über eine Neuordnung des Kirchenwesens und des Unterhalts der Pfarrer. Im Dezember 1521 gab Frau Katharina Buchheym dem Rat der Stadt ihr Testament bekannt, in dem sie Stiftungen für Kirchen, Brückenbau und den Bau eines Hospitals vorsah. Dieses Testament war Anstoß für weitere soziale Gesichtspunkte einer neuen Gemeindeordnung.

Die Stadt Leisnig gehörte zum ernestinischen Herrschaftsgebiet. Aber ihre reformatorischen Bestrebungen stießen beim Klerus, besonders beim Abt des Klosters Buch, auf starken Widerstand. Deshalb wandten sich die Leisniger hilfesuchend an Luther und baten ihn, nach Leisnig zu kommen. Am 22. September 1522 schrieb Luther seinem Freund Spalatin: „Diese Stunde reise ich nach Leysnick, weil ich dort dahingerufen und gebeten worden“. Luther traf am 26. September in Leisnig ein. In gemeinsamer Beratung wurden die Hauptpunkte der Gemeindeordnung festgelegt.

Unter dem Titel „Brüderliche Vereinigung des gemeinen Kastens ganzer eingepfarrter Versammlung zu Leisnig“ (1523) erschien die Niederschrift der Ordnungssatzungen. Die Pfarrer der Gemeinde sollten von dieser selbst berufen werden können. Nach der Ermahnung aller Einwohner, einen christlichen Lebenswandel zu führen, wurden im nächsten Abschnitt die Vermögensverhältnisse geregelt. Sämtliche Güter wie Äcker, Hof, Garten, Wiese und auch Erblehen stehen zur Verfügung des gemeinen Kastens. Von Bedeutung waren die später umstrittenen Einnahmen der Altarlehen. Neben dem Eigentum der Kirche und ihren Einnahmen sollte im Bedarfsfall zusätzlich jeder Bürger eine seinem Vermögen entsprechende Summe an Geld beisteuern. Zur Verwaltung des Kastens wurden von der Kirchengemeinde zehn Vorsteher gewählt: zwei Adlige, zwei Ratsherren, drei Bürger und drei Bauern. Von den finanziellen Mitteln sollten Pfarrer, Kirchner und Lehrer besoldet werden. Die weiteren Bestimmungen der Kastenordnung regeln die christliche Erziehung der Kinder, die Unterstützung aus den Mitteln des Kastens für Kranke, Alte, Arme, Waisen, die Ausbildung im Handwerk und Gewerbe und die Eheberatung für „armer Leute Töchter“.

Nachdem die Satzungen von zwei Adligen, dem Rat der Stadt und den Handwerksmeistern der Tuchmacher, Bäcker, Schuhmacher und Böttcher unterschrieben und versiegelt worden waren, überreichten zwei Bürger diese mit einem Geleitbrief am 25. Januar 1523 Luther in Wittenberg zur Begutachtung. Bereits am 29. Januar kam Luthers Antwort: „Ich habe Eure Schrift und Meinung gern und mit Freuden vernommen. Eure Ordnung gefällt mir sehr wohl. Ich hoffe auch, sie solle bleiben zu Ehren Gottes und vielen christlichen Leuten zu gutem Vorbild christlichen Glaubens und der Liebe erscheinen …“ Luther hielt die Schrift für so wichtig, dass er sie drucken ließ.

Die Leisniger Kastenordnung war ein erster Versuch alle Schichten der Bevölkerung am sozialen Leben der Stadt teilhaben zu lassen.