Die Drogerie Georg Dornig, welche am 23.12.2017 ihr 125-jähriges Jubiläum feiern konnte, gründet sich auf zwei Vorgänger. Die 1883 gegründete Drogerie E. R. Schumann in der heutigen Friedrich-Oettler-Str. 10 und die 1855 gegründete Material- und Kolonialwarenhandlung E. Karich in der heutigen Brückenstraße 33, wo sich das Geschäft noch immer befindet.
Als der Apotheker Ernst Robert Schumann im Mai 1883 seine Drogerie eröffnete, wird er kaum geahnt haben, wie unangenehm seine geschäftlichen Unternehmungen in Grimma verlaufen sollten. Neben Farben, Tabakwaren, Kaffee, Spirituosen und Wasch-mitteln befanden sich auch allerlei medizinische Hausmittel in seinem Sortiment. Letztere waren dem Inhaber der damals einzigen Apotheke, Dr. Arthur Theodor Busse (1869-1888), schon bald ein Dorn im Auge, da die von Schumann angebotenen Hausmittel deutlich preiswerter waren. Am 19. Oktober 1883 ließ er das Schumann’sche Geschäft in dessen Abwesenheit, mit der fadenscheinigen Begründung, dass die verkauften Artikel für die Bevölkerung gegebenenfalls gefährlich seien, durchsuchen. Zusammen mit drei Polizisten drangen Dr. Kindt (1882-1918 Bezirksarzt in Grimma) und Apotheker Kohlmann in das Geschäft ein. Die gesundheitlich angeschlagene Frau Schumanns hatte dem nichts entgegenzusetzen und auch dem herbeigeeilten Handlungs-gehilfen Zikes wurde unter der üblichen Androhung von Gefängnis und Strafe jede Auskunft über die Vorgänge verweigert. Ein Großteil der Waren wurde konfisziert. Außerdem wurde Schumann vorgeworfen, bestimmte handelsübliche Präparate nach-zuahmen, ein Vorwurf, dem sich Busse nicht zu Unrecht auch selbst ausgesetzt sah. Da unter den beschlagnahmten Gütern auch etliche Sachen waren, die nicht das geringste mit medizinischen Artikeln zu tun hatten, dürfte Schumanns Annahme, dass Herr Busse seinen Konkurrenzkampf in das Mäntelchen des Gesetztes kleidete, zugetroffen haben. Da Busse nicht nur ein angesehener Bürger der Stadt war, sondern auch das Amt eines Friedensrichters bekleidete, hatte Schumann gegen diese Form des Wettbewerbs keine Chance. Einen Gang zum Gericht konnte er sich unter den in Grimma herrschenden Bedingungen jedenfalls sparen, zumal sich aus der Hausdurchsuchung auch keine weiteren Konsequenzen ergaben. Es war eben nur Schikane und Busse hatte wohl auch kein Interesse daran, dass der Konkurrenzkampf weiter öffentlich ausgetragen wurde. Gleichwohl gab Schumann noch nicht auf, sondern prangerte Busse öffentlich an und verkaufte von nun an auch die Rezepte für seine Haus- und Volksmittel. Aber lange konnte er in dieser für ihn feindlichen Umgebung nicht durchhalten und so verpachtete er ab dem 11. März 1884 sein Geschäft an den Kaufmann Ernst Hohl.
Damit endeten jedoch noch nicht die geschäftlichen Unternehmungen Schumanns in Grimma. Ende September 1884 gründete er zusammen mit einem Teilhaber, dem Kaufmann und Besitzer der Brotfabrik in der Leipziger Straße, Feodor Alexander Zschosel, die Zündholzfabrik Schumann & Zschosel. Die Zündmasse beruhte auf einer von Schumann erfundenen Mixtur, welche, im Gegensatz zu der bei schwedischen Zündhölzchen gebräuchlichen, ohne Schwefel auskam und sich trotzdem an jeder rauhen Fläche entzünden ließ. Die Maschinen konnten täglich etwa 2 Millionen Zündhölzer produzieren. Obwohl die Zündhölzchen nicht teurer als die der Konkurrenz waren, gelang es der Fabrik aber nicht, sich am Markt zu behaupten. Bereits im November 1884 schied Zschosel aus dem Unternehmen aus. Die Fabrik meldete wenig später, im März 1885, Konkurs an. Mit der Zwangsversteigerung des auf ca. 18.500 Mark geschätzten Grundstücks endeten Schumanns Aktivitäten in Grimma.
Spätestens im Sommer 1887 übernahm Ernst Hohl die ehemalige Schumann’sche Drogerie vollständig. Auch Hohl geriet in Konflikt mit Busse, da auch er legal frei verkäufliche Arzneien wesentlich billiger als die Adler-Apotheke vertrieb.
Wieder versuchte Busse mit fragwürdigen Methoden seinem Konkurrenten zu schaden. So schickte er beispielsweise wiederholt Leute aus, welche nicht frei verkäufliche Medizin in der Drogerie verlangen sollten, um Hohl später wegen Verkaufs verbotener Waren beim Stadtrat anzeigen zu können. Hohl reagierte darauf, indem er eine hohe Belohnung auf etwaige Denunzianten aussetzte. Die Streitereien endeten erst mit den Tod Busses 1888. Ab Dezember 1884 nahm Hohl auch Delikatessen in das Sortiment auf. Mitte Juli 1885 fügte er seinem nunmehrigen Drogerie-, Material- und Weingeschäft eine Mineralwasser-Anstalt an. Nebenbei betrieb er an der Ecke Wurzener Straße / Promenadenring einen Verkaufsstand. Im März 1889 wurde seine Tochter Margarethe Louise Hohl alleinige Inhaberin. Schon im Januar 1890 ging das Geschäft in den Besitz des Kaufmanns Franz Theodor Wichmann über. Auch er behielt den Laden nicht lange. Im August 1890 übernahm Johann Friedrich Jacob Bosch die Drogerie und verkaufte sie schließlich am 23. Dezember 1892 an Wilhelm Heinrich Georg Dornig.
In der ehemaligen Schumann’schen Drogerie blieb Dornig jedoch nicht lange, sondern zog bereits im September 1893 mit seinem Ladengeschäft, zusammen mit dem Zahntechniker Bruno Spindler, in die Brückenstraße 23. Am Sortiment änderte sich grundsätzlich nichts. Die Besitzer des Hauses lassen sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Wohl seit 1678, sicher von 1714 bis 1728 besaß Ulrich von Große aus Altenhain das Haus. Von 1748 bis 1807 lassen sich drei Generationen der Weißbäcker-familie Rost nachweisen, die 1784/85 hier auch als Mehl- und Holzhändler genannt sind. Bis März 1884 betrieb der Zigarrenfabrikant Hermann Nicklas hier sein Geschäft. Ende 1897 ergab sich die Möglichkeit das Kolonialwarengeschäft E. Karich zu kaufen, so dass Georg Dornig zum 1. Januar 1898 in der Brückenstraße 33 sein endgültiges Domizil beziehen konnte.
Auch hier lassen sich die Besitzer bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Von 1708 bis 1756 gehörte das Grundstück Gottfried Schroth, nach dessen Tod bis 1759 seinen Erben. Im selben Jahr erwarb es der Branntweinbrenner Johann Christoph Becher, der es bis zu seinem Tod 1792 behielt. Seine Erben verkauften es Mitte Mai 1793 an den Weißbäcker Johann Christoph Kliemann. Nach dessen Tod übernahm 1846 sein Sohn die Bäckerei. Anfang Oktober 1855 kaufte Friedrich Eduard Karich das Kliemann’sche Haus und eröffnete am 13. Oktober ein „Destillations-, Rum-, Sprit- und Cigarren-geschäft“. Die Bäckerei Kliemann bestand unterdessen an anderer Stelle bis 1935 weiter. Ende Mai 1856 schloss Karich noch ein Materialwarengeschäft an. Spätestens seit 1859 verkaufte er Delikatessen und ab 1864 auch Toilettenartikel, so dass kaum ein Unterschied im Sortiment zu den damaligen Drogerien bestand, welche ihrerseits u.a. auch Delikatessen anboten. Das Geschäft wurde 1865 um eine Mineralwasser-Anstalt ergänzt. Im Sommer 1885 starb Friedrich Eduard Karich. Seine Witwe Wilhelmine Ernestine wurde zur Inhaberin, während sein Sohn Oskar Eduard Max das Geschäft leitete. Dieser erweiterte das Sortiment 1885 um Jagdpulver und Gewehrpatronen, ab 1890 auch um Kohlenanzünder. Spätestens ab 1886 verkaufte er in der Weihnachtszeit Spielwaren. Am 1. Oktober 1891 wurde er Inhaber des Geschäftes, welches spätestens seit dieser Zeit auch als Fischhandlung fungierte. Im Dezember 1897 verkaufte Max Karich sein Grundstück in der Brückenstraße 33 mit der Kolonialwarenhandlung an Wilhelm Heinrich Georg Dornig.
Peter Fricke, 2017