Am Sonntag, dem 3.4.2022, um 15.00 Uhr eröffnet das Kreismuseum Grimma seine neue Sonderausstellung „Ukraine – Reiseberichte“.
Mit dieser Präsentation möchten die Mitarbeiter des Kreismuseums sowie die Mitglieder des Vereins „Freundeskreis des Museums Grimma e.V.“ ihre Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig möchte der Verein zu einer Spendenaktion für Kriegsflüchtlinge und notleidende Ukrainer aufrufen, denn der humanitäre Bedarf ist riesig.
Eine reiche Auswahl an Fotos stellt verschiedene Städte der Ukraine und ihre Bewohner vor.
Dem nahenden Osterfest trägt die Präsentation mit einer kleinen Sammlung ukrainischer Ostereier Rechnung. In der Ukraine gehören die Ostereier zur Nationalkultur. Sie sind Symbole für die christliche Tradition und die Kultur des Landes.
Drei Reiseberichte geben Auskunft über die Kultur des Landes und seine Menschen. Vorgestellt werden die Städte Lemberg, Ivano-Frankiwsk, Czernowitz, Kossiw, Kolomyja, Munkatsch, Kiew und das kleine Dorf Machliniec.
Die Reisen unternahm die Grimmaer Museumsleiterin Marita Pesenecker zusammen mit Freunden.
Für die Wahl des ersten Reiseziels gab es einen konkreten Anlass:
Die Vorfahren einer Freundin, Katrin Köstler, stammten aus den Dörfern Machliniec und Kontrowers in Galizien. Schon oft hatte Marita Pesenecker mit ihrer Freundin über die Großeltern, die 1940 mit der gesamten Dorfbevölkerung aus Machliniec nach Deutschland umgesiedelt wurden, gesprochen. Immer wieder berichtete Katrin Köstler auch von einem Gericht, dass die Oma mit viel Aufwand bei ihnen zu Hause zubereitet hatte: Golubtsi Голубцы (ukrainische Krautrouladen). Es hörte sich vielversprechend an. Bei einem Besuch im Jüdischen Kulturzentrum in Krakau stießen sie dann auf eine Galizienkarte und versuchten den Ort Machliniec zu lokalisieren. Das kleine Dorf war nicht eingezeichnet. Aber während der Beschäftigung mit der Karte und bei einem guten Essen im besagten Kulturzentrum reifte die Idee zu einer Reise in die Ukraine.
Im Mai 2013 wurde das Vorhaben in die Tat umgesetzt. Das Reiseteam setzte sich aus 4 Personen zusammen.
Die erste Station war Lemberg. Eine schöne friedliche Stadt; sie machte den Eindruck einer im Aufbruch befindlichen Schönheit, gerade erwacht. Die Menschen sind fröhlich, nicht so schick wie in Polen, aber jung und modern. Es gibt unglaublich viele tolle Häuser aus allen Stilepochen, einige sind schon saniert, man kann ahnen, wie es mal werden könnte, eine bunte prächtige Stadt voller sehenswerter Ecken, Plätze, Häuser. Die Stadt war voller Musik, an jedem Platz konnte man junge Stimmen hören oder Musikinstrumenten lauschen.
Besonders beeindruckend sind die Armenische Kirche – herrlich ausgemalt mit Wand- und Deckenmalerei, wie von Herrn Klimt, und die Boim-Kapelle im Renaissancestil. Bemerkenswert auch das Klavier neben der Kapelle. Es steht im Freien und jeder der möchte kann darauf spielen. Und wer spielte, der konnte auch spielen.
Es gibt unzählige Kneipen, wunderschön und kreativ eingerichtet. Jede hat etwas Besonderes. Man arbeitete viel mit Holz und altem Mobiliar, mit wenig Geld wurden tolle Einrichtungen gezaubert.
Das nächste Ziel war Machliniec. Ein kurzer Zwischenstopp in Stryi brachte eine brauchbare Straßenkarte mit einem größeren Maßstab, womit man den Weg besser erraten konnte. Schilder gibt es kaum, Ortsbezeichnungen selten bis gar nicht. Hinter Stryi wird die Fahrbahn dann auch zum Abenteuer. Die Asphaltstrecken wechseln zu Feldwegqualitäten.
Am Ortseingang von Machliniec befindet sich der Friedhof. Ein älterer, sonnengebräunter Herr mit Namen Jakob übernahm im perfekten Ukrainisch die Führung über den Friedhof. Im hintersten Teil stehen die Gräber aus den ältesten Zeiten. Einige haben das Kreuz verloren, einige haben kleine Figuren, noch andere stehen so schief, dass sie in Kürze umfallen werden. Die Grabsteine der Vorfahren von Katrin Köstler waren nicht zu finden und das Dorf der Oma gibt es nicht mehr. Dort ist heute nur noch Ackerfläche. Die alten Häuser in Machliniec sind aus Holz, senkrecht verkleidet, kaum eines ist noch in dem alten Zustand, aber die meisten sind noch bewohnt.
Für unsere Freundin wurde das hier und jetzt zum unvergesslichen Erlebnis.
Das nächste Reiseziel war Ivano-Frankiwsk. Der große Markt mit seinem Angebot an Obst, Gemüse, Käse und Fleisch ist sehr sehenswert. Beeindruckend auch das kleine ethnologische Museum mit seiner schönen volkskundlichen Sammlung.
Ein Tagesausflug nach Kolomyja mit seinem großartigen Ostereier-Museum scheiterte an den schlechten Straßenverhältnissen. Das sollte erst bei der nächsten Reise gelingen. Erfolgreich war aber die Suche nach dem ukrainischen Spezialgericht der Oma: „Golubtsi“. Das gab es in dem jüdischen Restaurant unseres Hotels.
Das Land verließen wir mit angebeultem Auto. Auf der Rücktour durch Lemberg hatte ein Bus die Kurve zu großzügig genommen. Aber wer nimmt nicht gern kleine Reiseandenken mit nach Hause?
Neugierig geworden? Dann besuchen Sie unsere Ausstellung und helfen Sie den Menschen in der Ukraine durch Ihre Spende!