21.6.2009 bis 08.11.2009
Bei den Abrissarbeiten des Hauses Mühlstraße 7 in Grimma fand man im Sommer 1992 eine alte, in Natursteinen gesetzte Tongrube, in der ca. 150 Ofenkachelmodel sowie Ofenkacheln lagen. Entdeckt wurde die Grube von den Bauarbeitern, die aufgrund der vielen mit dem Bagger zutage geförderten Scherben das Museum über ihren sonderlichen Fund informierten. Die Museumsmitarbeiter bargen die Scherben. Die frischen Bruchstellen der Scherben ließen darauf schließen, dass die Model und Kacheln einst säuberlich in der Tongrube abgelegt wurden und erst durch die mehrfache Überfahrt des Baggers zerbrochen waren.
In den darauffolgenden Wochen wurden in einer sehr zeitaufwendigen Aktion tausende Scherben gewaschen und nach Bildmotiven sortiert. Anschließend konnte der Museumsmitarbeiter Günter Unteidig damit beginnen, die ersten Model und Kacheln zusammenzukleben.
Die gefundenen Model und Kacheln stammen aus der Zeit zwischen 1550 und 1720. Bei den Funden handelt es sich um Model aus gebranntem Ton: Kacheln, Eck-, Sims- und Kranzmodel. Sie zeigen das plastische Kachelrelief als Negativ. Aber auch Probeabdrücke waren im Fundmaterial.
Eine interessante Modelserie „Die acht Tugenden“ stammt aus der Zeit von 1610 bis 1617. Diese Model sind nicht besonders groß (25 x 35 cm), zeugen aber zum Teil von hoher Qualität. In Auswertung des gesamten Fundmaterials kann festgestellt werden, dass jede Serie einer anderen regionalen Bildschneiderwerkstatt zuzuschreiben ist. Selbst innerhalb der Serien kann man unterschiedliche Künstler erkennen, was bei den acht Tugenden besonders deutlich wird.
Als Motivvorlage für einige Model dienten vor allem Holzschnitte oder Kupferstiche namhafter Künstler. Die Bildvorlagen für die acht Tugenden stammen von dem Warburger Kupferstecher Antonius Eisenhoit (1553-1603). Die Darstellungen der Stärke und des Glaubens sind eher laienhaft gearbeitet im Gegensatz zu den anderen fünf Tugenden, die die geübte Hand eines Formschneiders verraten.
Aus der Serie der 12 Tyrannen des Alten Testaments stammt die Darstellung des Saul.
Die Bildvorlage schuf Erhard Schön (1491-1542). Für die Model mit dem ringhaltenden Löwenkopf ist der Holzschnitt von Sebald Beham (1500-1550) verwendet worden.
Die Fundstücke aus der Mühlstraße 7 werden erstmalig in einer Ausstellung vorgestellt.