Die Motor-Omnibus-Linie Grimma-Borna-Altenburg

Im Frühjahr 1912 fassten die Städte Grimma, Borna und Altenburg den Beschluss zur Errichtung einer Motor-Omnibus-Linie zwischen den genannten Städten, da es noch keine direkte Bahnverbindung gab. Die Planungen zur sogenannten Querbahn zwischen Großbothen und Borna zogen sich hin und die Strecke wurde erst 1937 eingeweiht.

Aufgrund einer Kosten-Nutzen-Rechnung, welche eine Kostendeckung schon bei halb gefülltem Bus prognostizierte, wurden sich die Städte schnell einig. Es wurde ein Fahrpreis von 6 Pfg. pro Personenkilometer festgelegt. Das bedeutete für die volle Strecke von 38 km zwischen Grimma und Altenburg mussten 2.50 Mark bezahlt werden, zwischen Borna und Altenburg 1 Mark, zwischen Bad Lausick und Borna 80 Pfennige. Für größere Gepäckstücke musste auf die halbe Strecke 25 Pfennige, für Kinder unter 10 Jahren die Hälfte bezahlt werden. Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Busse betrug 20 km/h.

Am 23. April 1912 fand eine erste Probefahrt statt. Die Fahrt, bei welcher alle beteiligten Bürgermeister und Regierungsvertreter mitfuhren, dauerte für die einfache Strecke 1½ h und diente natürlich auch als Werbemaßnahme gegenüber der Regierung. Die Regierungen von Sachsen und Sachsen-Altenburg äußerten sich wohlwollend, aber dennoch wurde die Konzession zum Betrieb erst im April 1913 auf 5 Jahre gewährt und enthielt die Einschränkung, dass die sächsische Regierung die Konzession jederzeit widerrufen könne. Da diese Klausel einen sicheren Betrieb verhinderte, ging der beauftragte Unternehmer, der Dipl.-Ing. Heßler aus Leipzig, erfolgreich in Einspruch. Im Mai 1913 waren die gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen endlich geschaffen, so dass am 15. Mai 1913 die konstituierende Sitzung zur Gründung der Gesellschaft als „Motoromnibus A.G. für die Linie Grimma-Altenburg“ stattfinden konnte. Das Aktienkapital war auf 80.000 Mark festgelegt, wobei die Hälfte bei der Sitzung bereits gezeichnet war. Eine Woche später fand eine Probefahrt für Interessenten statt, die ein voller Erfolg wurde, so dass man das fehlende Kapital wenig später beisammen hatte.

Am Montag, dem 26. Mai 1913, wurde die Motoromnibus A.G. gegründet und der Sitz der Gesellschaft nach Bad Lausick verlegt. Aus Grimma gehörten der Gesellschaft unter anderen Bürgermeister Lobeck und Stadtrat Held an und auch die Stadt Grimma beteiligte sich mit 5250 Mark. Die für den Betrieb benötigten 3 Busse und ein Anhängerwagen, zusammen 60.000 Mark, wurden sogleich bei der Firma Büssing bestellt. Die Busse waren graugrün lackiert und der staubdichte Innenraum mit roten Polstersitzen ausgestattet. Die Posten des Direktors und des Vorstandes waren unbezahlte Ehrenämter. Die Garage stellte die Stadt Bad Lausick unentgeltlich zur Verfügung. Auch die durchschnittliche Fahrgastzahl von 6 Personen war sehr zurückhaltend berechnet, so dass man allgemein von einem erfolgreichen Unternehmen ausging.

Die Strecke führte vom Unteren Bahnhof in Grimma über den Oberen Bahnhof nach Großbardau, weiter über Kleinbardau, Etzoldshain, zum Bahnhof Bad Lausick, von dort über Heinersdorf und Flößberg nach Borna, Gnandorf, Blumroda (in den 50er Jahren überbaggert), Serbitz, Treben, Zschachelwitz nach Altenburg (Bahnhof / Theater).

Es gab auf der Strecke insgesamt 28 Haltepunkte, davon 4 in Grimma, so dass die volle Fahrt ca. 2 1/4 h dauerte. Am 12. August wurde der reguläre Betrieb mit 5 Abfahrten täglich eingeführt. Wie bei der Eisenbahn gab es einen Sommer- und einen Winterfahrplan. Der Zuspruch für die neue Linie war vor allem zwischen Grimma und Bad Lausick ausgesprochen hoch, so dass man bereits im September den Ankauf eines weiten Anhängerwagens beschloss. Auch prüfte man nun, ob die Verlängerung der Linie bis Mutzschen sinnvoll ist. Auf der ersten Generalversammlung im März 1914 konnte man zufrieden feststellen, dass man im ersten Geschäftsjahr, obwohl es nur 5 Monate umfasste, einen deutlichen Gewinn erwirtschaften konnte. Man beschloss daher die Verlängerung der Linie und die Neuanschaffung von einem weiteren Motorwagen und einem Anhängerwagen.

Der hoffnungsvolle Start erfuhr aber durch den Ausbruch des ersten Weltkriegs einen jähen Abbruch. Im Zuge der Mobilmachung musste der Wagenpark an die Militärbehörde abgegeben werden. Am 18. September 1914 wurde der Betrieb mit der Abgabe des letzten Motorwagens ganz eingestellt. Die Aktiengesellschaft blieb zunächst bestehen. Jedoch wurden während des Krieges die Stimmen nach einer Auflösung der Firma lauter. Auf der Generalversammlung im November 1916 stellte ein Teil der Aktionäre den Antrag, die Gesellschaft aufzulösen, welcher jedoch mit dem Hinweis auf das gute Ergebnis in den ersten 13 Betriebsmonaten abgelehnt wurde. In diesem Zeitraum erwirtschaftete die Linie immerhin ca. 62.000 Mark an Fahrgeldeinnahmen.

Im Januar 1919 wurde von der Gesellschaft die Wiederaufnahme des Omnibusverkehrs geprüft, jedoch konnte der Verkehr erst wieder im November 1920 beginnen. Die schwierigen Zeitumstände, welche neben rationierten Treibstoffvorräten auch durch Unruhen verursachte Reiseeinschränkungen mit sich brachten, führten zu dieser Verzögerung.

Die nunmehrige Sächsische Motoromnibus A.G. betrieb die Strecke bis zum 17. Oktober 1937. Mit der Eröffnung der Querbahn im selben Jahr war die Strecke obsolet geworden.

Peter Fricke, 2014