Altes neu belebt – Krippenfiguren aus dem Erzgebirge – Lahlfiguren

Texttafeln zur Ausstellung

Firmengeschichte
Lahlfiguren

Lahl-Figuren

Die Firma Lahl, im Volksmund „Männel-Lahl“ genannt, gehörte zu den bedeutendsten Herstellern von Massefiguren im Erzgebirge.
Sie fertigte im Laufe der Jahrzehnte ein breites Sortiment von Krippenfiguren, Bergaufzügen, Zwergen, Jagden, Schäfereien, Viehweiden, Geflügel sowie Dorf- und Stadtleute. Zu den Erzeugnissen gehörten aber auch Leuchterfiguren. Als Lichtträger finden wir die für das Erzgebirge typischen Bergmänner, Engel und Türken. Daneben stellte er Ritter, Herold, Rupprecht, Tiroler und Tirolerin mit Lichtertülle dar. Auf dem bekannten Cranzahler Stufenberg im Museum für bergmännische Volkskunst in Schneeberg findet man eine Reihe solcher frühen Lahl-Figuren.

Bei aller thematischen Breite fühlte sich Lahl der Weihnachtskrippe besonders verpflichtet. Die Geburt Christi wurde 6-teilig, 8-teilig und 12-teilig in sechs verschiedenen Größen hergestellt. Als weitere Gruppen aus dem neuen Testament schuf er die Apostel, den Königszug, die Flucht nach Ägypten, römische Krieger zu Fuß oder zu Pferde, den Einzug Jesus in Jerusalem, das Abendmahl sowie die Kreuzigung. Eine große Anzahl verschiedener Engel sowie Hirten mit Schafen rundete dieses Thema ab.

Massefigurenherstellung

Das Ausdrücken der Formen mit einer plastischen Masse sowie das Zusammenfügen der verschiedenen Teile zu einer Figur und vor allem das Bemalen sind handwerkliche Prozesse, die Erfahrung, Geschick und Können erfordern. Der eigentlich schöpferische Vorgang liegt in der Herstellung des Modells, von dem die Form abgenommen wird. Anscheinend wurden die meisten Figuren vom Firmengründer Friedrich Hermann Lahl geschaffen.

Der Grundstoff für die Figurenherstellung ist eine aus fünf Bestandteilen zusammengesetzte pulverförmige Trockenmischung, die u.a. Ton, Makulatur und Schlämmkreide enthält. Durch das Hinzufügen von in Leim gelöster Zellulose entsteht eine kittartige Masse, die in beide Hälften der imprägnierten Form gedrückt und zusammengefügt wird.

Durch Aufspießen auf Holzstäbchen kann die geformte Figur anschließend aus der Form genommen und zum Trocknen auf Bretter gesteckt werden.
Viele Figuren bestehen aus Einzelteilen: Köpfe, Arme, Sockel werden separat geformt und erst nach dem Trocknen zusammengefügt. Andere Figuren erhalten Zusatzteile aus Zinn.

Nach dem Entgraten und Grundieren der Figuren konnte mit der Bemalung begonnen werden. Die filigrane Ausführung der Farbfassung lag den Lahls besonders am Herzen. Verwendung fanden neben Trocken- und Anilinfarben auch Öl, Spiritus und Schellack. Als Bindemittel für die Farben diente Gummiarabikum.

Inventarverzeichnis

Im Inventarverzeichnis der Firma Lahl finden wir insgesamt 129 Gießformen für Zinnguss aufgeführt, aus Schiefer, Messing oder Eisen bestehend. Neben Beinen, Ohren, Geweihen und Hörnern für die verschiedenen Tiere, wurde eine Vielzahl von Werkzeugen, Musikinstrumenten, Waffen und andere Gegenstände aus einer Zinn-Blei-Legierung gegossen. Vermutlich lieferte Lahl Zinnteile auch für andere Hersteller. Eine große Anzahl überlieferter Karten mit aufgenähten Mustern spricht dafür.

Neben den erwähnten Formen sind im Inventarverzeichnis auch Werkzeuge und Maschinen aufgeführt, die einen interessanten Einblick in technologische Vorgänge bieten. Zum Formen dienten drei einfache Spindelpressen aus Holz mit Eisenspindeln. Verzeichnet sind weiter „Scheuertrommeln mit Kasten zum Drehen“. Offenbar wurde der feine Gießgrat der Zinngeweihe und anderer Zinnteile in diesen „Scheuertrommeln“ entfernt. Von besonderem Interesse ist ein „Drehkasten mit Tuchschur zum Belegen der Tiere.“ Lahl hat in den ersten Jahrzehnten seine Tiere wie viele andere Hersteller mit Tuchstaub belegt. Dazu wurden auf die noch feuchten bemalten Tiere feine Textilfasern (Tuchstaub) gestreut. Dieser Vorgang erfolgte hier für eine Anzahl von Figuren gleichzeitig in dem genannten „Drehkasten“. Vermutlich wurden beim Drehen einer Kurbel die feinen Textilfasern im Kasten durch die Luft gewirbelt und damit die dort hinein gestellten Tiere gleichmäßig beschichtet. Leider ist dieses Hilfsmittel ebenso wie dieScheuertrommeln nicht erhalten geblieben.

Firmenkatalog

Die Vielfalt gestalteter Motive wird in einem zum 60-jährigen Firmenjubiläum herausgegebenen Katalog deutlich. Insgesamt werden hier etwa 800 verschiedene Figuren abgebildet. Hervorzuheben ist die ausgezeichnete handwerkliche Qualität der plastischen Ausformung ebenso wie die der farbigen Fassung. Lahls Einschätzung im Katalog: „Meine Erzeugnisse sind naturgetreu und schön ausgeführt. Die Malerei der Figuren und Tiere ist die denkbar genaueste, ganz besonderen Wert lege ich auf die Gesichter der Figuren“.

Zum Ausdrücken der Figuren nutzte Lahl überwiegend Gipsformen. Eine genaue Arretierung der beiden Formenhälften wird dabei durch Stahlstifte und Stahlhülsen erreicht. In einem Inventarverzeichnis aus den dreißiger oder vierziger Jahren werden noch 416 solcher Gipsformen von ursprünglich 877 bis zum Jahre 1911 angefertigten Gipsformen aufgeführt. Später verwendete er auch Metallformen aus Messing und Eisen.

Für viele aus Papiermaché gedrückte Figuren benötigte man Zubehörteile aus anderen Materialien, da sich die mechanischen Eigenschaften der Papiermasse dazu nicht eigneten. So wurden die dünnen Beine der Tiere, Ohren und Geweihe, Flügel der Engel und andere Teile aus Pappe geprägt. Allein 18 großflächige Prägeformen für eine stabile Prägepresse gehörten zur Ausstattung der Lahlschen Werkstatt. Die Beine bestanden aus einer rechten und einer linken Hälfte, die zusammengeleimt wurden. Dadurch erhielten sie ihre plastische Form und eine höhere Stabilität. Doch vermutlich schon zu Beginn dieses Jahrhunderts verwendete Lahl mehr und mehr Teile aus Zinnguss.