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Böhmen Grulich, Holz geschnitzt und bemalt, um 1920 oder 1990?, Foto: Peter Franke
Im Umland von Grulich entfaltete sich seit dem 18. Jh. eine beachtliche Holzschnitzerei. Hunderttausende von Krippenfiguren wurden jährlich in die Slowakei, nach Polen und Ungarn exportiert. Sie gingen aber auch über die Firma Kohn in Teplitz-Schönau als „Erzgebirgsware“ nach Westeuropa und Amerika oder über die Spielwarenfirma Kober in Wien als Wiener Krippen nach Südungarn, Kroatien, Dalmatien, Görz und Gradiska. Selbst im Grödnertal in Südtirol wurden sie zum Bestücken billiger Handelskrippen verwendet. In 25-30 Dörfern um Grulich waren mehrere hundert Familien mit dem Schnitzen von Krippen beschäftigt. Die Figuren wurden einzeln verkauft, aber auch in Kästen arrangiert. Typisch für die Kastenkrippen ist die Szenerie der Stadt, die nicht nur schöne Gebäude, Straßenfronten, Tore, Mauern, Türme sondern mitunter auch geradezu bühnenartige Einbauten in einigen Häusern aufweist. Hier finden solche Szenen Platz wie das Gastmahl des Herodes, die Beschneidung Christi oder die Hochzeit zu Kanaan.
1873 wurde in Grulich eine Schnitzschule gegründet. Nach dem 2. Weltkrieg kam die Schnitzkunst mit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Böhmen völlig zum Erliegen.
Heute werden die Figuren wieder nach historischem Vorbild produziert und auf dem Antikmarkt als Krippen aus dem Anfang des 20. Jh. gehandelt.