Der Großtagebau

In der Periode des Großtagebaus verstärkte sich der Arbeitskräftebedarf. Die Stadt Borna hatte sich in der Zeit des Nationalsozialismus von einer Ackerbürger- und Garnisonsstadt zum Zentrum des Bergbaureviers entwickelt. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges mussten zahlreiche Kriegsgefangene in der Braunkohlenindustrie arbeiten. Als Arbeitskräftenachschub wurden nach 1945 die Flüchtlingsströme zum Beispiel aus Schlesien nach Sachsen geleitet. Zusätzlich kamen in großer Anzahl angeworbene, ungelernte Kräfte aus strukturschwachen sächsischen Gebieten hinzu.

In den Aufbaujahren nach dem 2. Weltkrieg verbesserten sich die sozialen Bedingungen für die Bergarbeiter spürbar. Das „Werk“ sorgte für seine Arbeiter: das reichte vom Kindergarten über die Poliklinik, den Berufsverkehr, Ferienplätze und Kinderferienlager, Kulturhäuser, werksnahen Wohnraum, bis zur Deputatkohle, Bergmannsschnaps, Prämien und Bergmannsrente. Der „Tag des Bergmanns“ wurde eingeführt. Das war ein Volksfest für alle in der „Kohle“ Beschäftigten –  wie der Grubenkumpel und der Instandhalter, der Kraftwerker und der Chemiearbeiter. Das Image des Kohlenarbeiters wurde u.a. durch den Spruch „Ich bin Bergmann, wer ist mehr?“ propagandistisch aufgewertet. Repräsentanten der neuen Staatsmacht besuchten die Werke, hielten Ansprachen und suchten den persönlichen Kontakt zum sozialistischen „Kumpel“. Mit diesen Maßnahmen versuchte die DDR-Führung, dem ständigen Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.

Die Produktionsanlagen in der Braunkohlenindustrie wurden noch in den 80er Jahren auf dem gleichen technischen Niveau wie zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme gefahren. Die Mittel für Investitionen und notwendige Reparaturen standen nicht zur Verfügung. Auf Grund des Verschleißes musste allerdings wesentlich mehr Personal eingesetzt werden.
Die Folgen für die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen waren teilweise verheerend. Nicht nur Landschaft und Natur wurden geschunden, sondern auch die Bevölkerung litt zunehmend unter Gesundheitsproblemeninfolge der Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden.

Die Region nimmt Abschied vom alles beherrschenden Braunkohlenbergbau; ein gigantischer Sachzeuge nach dem anderen verschwindet. Einige Betriebe werden als Denkmal erhalten und/oder anderweitig genutzt. Die Landschaft wird rekultiviert. An den Ufern wachsen Wälder und die ehemaligen Tagebaue füllen sich mit Wasser. Die neu entstandenen Seen können sich zu attraktiven Naherholungsgebieten des Leipziger Südraumes entwickeln. Dörfer wie zum Beispiel Mölbis, das 1990 vor dem Abriss stand, blühen auf und auch für Familien aus der Großstadt entstehen attraktive Lebensräume.