Begleitheft zur Ausstellung
Aus der Geschichte von Schützenhaus und Schützenhof
Zwei Gaststätten spielten in der Geschichte der Schützengesellschaft eine besondere Rolle. Zum Einen das Schieß-, später Schützenhaus mit der angrenzenden Schützenwiese, zum Anderen von 1901 bis 1945 der Schützenhof mit der Festwiese. Bis zur Einweihung des Schützenhofes 1901 fanden die Schützenfeste am Schießhaus, bzw. Schützenhaus, statt. Von 1901 bis 1920 nutzte man den Schützenhof mit dem davor befindlichen Festplatz. In den zwanziger und dreißiger Jahren wurden im unregelmäßigen Wechsel beide Objekte, manchmal gleichzeitig, genutzt. Im Folgenden soll daher die Geschichte der Gasthöfe kurz beleuchtet werden.
Bis 1620 befand sich die Schießhalle der Schützengilde vor dem Hohnstädter Tor. Als die verkümmerte Gilde 1680 wieder belebt wurde, errichtete ihr der Rat neben der heutigen Steinbrücke eine neue Halle. Diese musste 1721, im Zusammenhang mit dem Neubau der Steinbrücke, dem ehemaligen Brückengeldeinnehmerhäuschen (1972 abgerissen) weichen. An der Stelle des späteren Schützenhauses entstand die neue Schießhalle, welche nachdem sie völlig ruiniert war, 1776 einem Neubau wich. Um die Wende zum 19. Jahrhundert besaß Louis Couriol die Schankwirtschaft. Im Zuge der Auflösung der alten Schützengilde, verkaufte man das Schießhaus am 6. März 1822 für 1.200 Taler an den Schießhauswirt Samuel Wächtler, der schon seit 1816 Pächter desselben war. Später veräußerte er es für 1.800 Taler an seine Frau, die wiederum 1856 von ihrem zweiten Mann Karl Scharfe 5.550 Taler dafür erhielt. Wenig später verkaufte Scharfe das Restaurant 1860 für 8.000 Taler an Däbritz. Der Wert stieg beständig, so dass Fischer 1865 schon 9.525 Taler zahlte. Drei Jahre später erwarb Eduard Krostitz das Objekt für 9.528 Taler und verkaufte es 1871 für 9.800 Taler an Karl Moritz Bernhardt.
Für 35.400 Mark ging das Schützenhaus 1873 schließlich in den Besitz von Florenz Eckhardt über, der es seit 1884 mit einem Kostenaufwand von ca. 250.000 Mark beträchtlich erweiterte. So wurde 1884 das Offizierskasino für die hiesigen Husaren eingebaut und 14 Hotelzimmer eingerichtet. Seit 1893 komplettierte ein neuer Saal mit 1.000 Plätzen das Ensemble, in dem unter anderem viele Theateraufführungen und Festspiele stattfanden. Die Eheleute Eckhardt betrieben die Wirtschaft über 50 Jahre, die man getrost als die Goldenen Jahre des Schützenhauses bezeichnen kann, bevor es an ihren Sohn Fritz überging. Dieser geriet, nicht zuletzt wegen der Wirtschaftskrise nach dem 1. Weltkrieg, Ende der zwanziger Jahre in Bedrängnis. Die Geschäftsführung hatte er krankheitsbedingt schon 1927 seinem Oberkellner Rudolf Wölbing übertragen. Am 1. August 1929 ging das Objekt in den Besitz der Schützenhaus AG über, welche von der Bürgerschaft gegründet wurde um das Schützenhaus zu erhalten. Den Geschäftsbetrieb übernahm der Leipziger Walter Weide. Wegen der Weltwirtschaftskrise musste die AG schon 1931 Konkurs anmelden und das Schützenhaus ging 1932 per Zwangsversteigerung für 69.000 Mark in den Besitz der Sparkasse über, welche der Hauptgläubiger war und damit ihren Verlust egalisierte. Die Aktieninhaber und einige andere Gläubiger gingen zwar leer aus, aber der Hauptzweck der AG, das Haus zu erhalten, sollte sich erfüllen. Die Sparkasse verpachtete das Objekt ab 1. Oktober 1932 zunächst an Otto Lange. Später ging das Schützenhaus in den Besitz der Stadt über, die es 1947 an den FDGB verkaufte, nachdem es seit Kriegsende nicht mehr für seinen eigentlichen Zweck genutzt wurde. Der Gaststättenbetrieb, des in Volkshaus umgetauften Schützenhauses, konnte im Dezember 1947 wieder aufgenommen werden. Auch nach der politischen Wende 1989 wurde das Haus weiter von Gewerkschaften und einem Freizeitzentrum genutzt, bis es 1995 der Unternehmer Peter Elsner von der Treuhand (TLG) übernahm. Die Jahrhundertflut 2002 setzte dem nun leerstehenden Haus arg zu. Das Ende für den seit 1947 als HO-Gaststätte geführten Restaurantbetrieb kam dagegen schon mit der Wende. Kurz nach dem Hochwasser wurde der marode Gebäudekomplex, der seit dem Jahr 2000 in städtischen Besitz war, im September 2002 abgerissen.
Die Geschichte des Schützenhofes geht letztlich bis in das 18. Jahrhundert zurück, als die Winzerei vom Preßgrund auf den Weinberg verlegt wurde. Die Besitzer des Grundstücks bauten zwar noch um 1750 Wein an, besaßen aber gleichzeitig das Schankrecht, welches mit dem Eingehen des Weinbaues um Grimma am Ende des Jahrhunderts für die Besitzer an Bedeutung gewann. In der Nacht vom 6. auf den 7. Januar 1818 brannten die Gebäude nieder und wurden in der Folge vom Weinbergwirt Thieme neu aufgeführt. Wenig später befand sich der Weinberg im Besitz von Friedrich Christian Carlsohn, nach dessen Tod 1851 in der Hand seines Sohnes Ernst Louis bzw. dessen Erben. Bewirtschaftet wurde das Restaurant teilweise von Pächtern, so 1846 von Herrmann Frenkel. Wohl in den 1880er Jahren gelangte der Gasthof in den Besitz von Minna gesch. Döhler, die ihn 1891 ihrem Sohn, Max Hauschild, übergab. Im Mai 1894 erwarb Christian Heusinger den Weinberg. Die Schützengilde kaufte 1899 das Grundstück und errichtete hinter dem Gasthaus ihren neuen Schießstand. Das in Schützenhof umbenannte Gasthaus wurde im April 1899 an Friedrich Lorenz verpachtet. Allerdings stellte sich bald heraus, dass sich die Gilde finanziell übernommen hatte. Der Schützenhof war zwar bei Festivitäten und an Sonntagen gut besucht, aber während der Woche blieben die Gäste größtenteils aus. Der Gasthof lag zu weit von Grimma bzw. Hohnstädt entfernt, als dass man den dortigen Etablissements Kunden hätte entziehen können. So wechselten die Pächter häufig und die Schützengilde musste mehrmals selbst in die Kasse greifen, um dringende Reparaturen ausführen zu können. Dem ersten Pächter folgte um 1903 Friedrich Helm, im April 1907 Paul Leske, 1909 Ernst Schubert und im Juli 1910 Hugo Seyfarth. Der letzte Pächter war um 1920 Richard Möbius. Während des Ersten Weltkriegs waren ab 1915 im Saal Soldaten vom II. Ersatzbataillon des 106. Infanterieregiments untergebracht. Durch die ständig steigende Geldentwertung und die wirtschaftliche Not, die auch viele Mitglieder betraf, war die Schützengilde gezwungen das Gelände zu verkaufen. Ab dem 1. April 1921 übernahm Fritz Bergmann den Schützenhof und taufte ihn in Berghotel um. Der Schießstand blieb im Besitz der Gesellschaft und man behielt das Recht, die Festwiese gegen ein geringes Entgelt für das Schützenfest zu nutzen. Letztere Auflage war dem Wirt nicht unbedingt willkommen. Schon im September des Jahres beabsichtigte er die Umwandlung der Festwiese in zwei Sportplätze, sowie in zwei Tennisplätze und ein Hockeyfeld. Die Pläne scheiterten jedoch vorerst am mangelnden Interesse, bzw. fehlenden Mitteln der Sportvereine. Erst als der Arbeitersportverein 1925 seinen Fußballplatz oberhalb des Berghotels anlegte, konnte man diesen Kundenkreis teilweise erobern. Da der Gasthof in unmittelbarer Nachbarschaft lag, richtete der Arbeitersportverein in einem Anbau des Berghotels seine Vereinsräume ein. Das hatte aber zur Folge, dass sich der Gasthof zu einem Zentrum des linken Spektrums entwickelte, was wiederum zu Schlägereien mit Gästen anderer politischer Ansichten führte. Der Ruf litt dementsprechend. Auch der Arbeiter-Kegelklub hatte hier ab 1928 sein Domizil und 1929 fand ein Reichsarbeitersporttag auf der Festwiese statt. Die Konservative Schützengesellschaft verlor das Interesse daran, ihre Schützenfeste an einem Ort auszurichten, dessen Publikum der Gilde sehr zurückhaltend, z.T. offen feindlich, gegenüberstand. Dadurch war es dem Besitzer Fritz Bergmann im Mai 1931 möglich, das Grundstück in Bauland umzuwandeln. Da die Stadt selber Mangel an ausreichenden Baugrundstücken hatte, kaufte sie im November das von Bergmann angebotene Areal der ehemaligen Schützenwiese für 10.000 Mark an. Das erworbene Gelände umfasste 5.321m2 reines Bauland, 2.360m2 Hang mit Gärten, 1.080m2 Spielplatz und 1218m2 Straße. Das Berghotel übernahm vom 1. November an Helene Hofmann, die es zusammen mit ihrem Mann bis 1945 betrieb. Nachdem die Arbeitersportvereine 1933 enteignet wurden, baute man den als Vereinsheim genutzten Anbau für Wohnzwecke um. Während des Zweiten Weltkriegs waren im Saal französische und russische Gefangene untergebracht. Der FDGB richtete nach dem Krieg zunächst einen Freizeittreff ein. Spätestens Anfang der 1960er Jahre eröffnete die damalige Großhandelsgesellschaft für Möbel– Kulturwaren–Sportartikel des Bezirks Leipzig an dieser Stelle die Verkaufsstelle Grimma, welche bis 1991 bestand. Am 1. Mai des Jahres übernahm die aus dem ehemaligen Betriebsteil Grimma hervorgegangene Panda Möbel Grimma GmbH das Objekt und nutzte es bis zur Eröffnung ihres neuen Standortes 1998. Im Jahr 2000 wurde das Berghotel letztlich abgerissen. Seit 2001 entstanden die ersten Einfamilienhäuser auf dem Gelände des ehemaligen Gasthofs und der Festwiese.