Die Fotografen der Stadt Grimma 1843 bis 1945

Oscar Heun

1873–1876

Spätestens seit 1867 in Grimma wohnhaft, lässt sich der Buchdrucker Oscar Heun bisher erst ab Januar 1873 als Fotograf nachweisen. Das Atelier befand sich in der Frauengasse 220 (Frauenstr. 35). Die Lichtbilder kosteten je nach Größe nur noch zwischen 5 Ngr. und 11⁄2 Mark. Er scheint der erste Fotograf gewesen zu sein, der neben Portraits auch eine große Anzahl von Stadtansichten im Sortiment hatte. So bot er 1873 in einer ersten Serie Ansichten von Landesschule, Seminar und Schützenhaus mit Schloss an. Im November 1873 folgten in einer zweiten Serie Ansichten der Bleichen von Schlunzig und Ernst, eine Ansicht der Trebsdorf’schen Fabrik am Oberwerder, vom Schützenhaus und der Bürgerschule. Mit der Villa des Bürgermeisters Hennig und dem Oberen Bahnhof (von O) folgten im April 1874 weitere Bilder markanter Grimmaer Bauten. Im Mai gesellten sich das Lehrerseminar (von SO), eine weitere Schlossaufnahme und die Schlimper’sche Villa dazu. Im Juni folgten die Superintendentur, die Gattersburg und das Haus des Oberstleutnant Süßmilch-Hörnig; im August Klosterkirche, Frauenkirche mit Armenschule, ein Blick über die Mulde und neue Ansichten der Großmühle und der Superintendentur. Im November die Bahnhofsstraße, Mariaburg und Oberer Bahnhof (von NW). Für die jeweils neuen Bilder verlangte er teilweise mehr, während bereits erschienene schon ab 5 Ngr. zu bekommen waren.

Ab Herbst 1875 bot er zudem stereoskopische Ansichten von Grimma an. Beim Stereobild wird ein Motiv im Augenabstand, vorzugsweise mit einer Stereokamera fotografiert, wodurch es beim Betrachten durch eine Optik als leicht dreidimensionales Bild erscheint. Zwischen Herbstjahrmarkt und Weihnachten konnte man bei ihm seit 1875, montags und donnerstags ab 19 Uhr, Vorstellungen mit einer Laterna magica besuchen. Der Eintritt kostete zwischen 15 und 25 Pfennige. Zu sehen waren Städte wie Paris, Venedig oder Berlin, astronomische und meteorologische Serien oder Naturschönheiten Amerikas. Die Bilder waren teils beweglich und bis zu 180cm groß. Die Vorstellungen wurden als Anschauungsunterricht auch von Schulen gerne in Anspruch genommen.

Seit Jahresbeginn 1876 war Heun auf der Suche nach neuen Räumen für sein Atelier, da er sein bisheriges bis zum 1. Mai räumen musste. In den bisherigen Räumen in der Frauengasse errichtete der neue Pächter, Heinrich Otte, ein Lokal. Die Suche blieb jedoch lange Zeit erfolglos, so dass er vorübergehend in der heutigen Langen Str. 41 Quartier bezog. Zusätzlich durch eine schwere Krankheit geschwächt, zog sich die Suche mindestens bis April 1877 hin. Zuletzt befand sich seine Buchdruckerei im Hintergebäude der damaligen Hohnstädter Straße 422 (7), welche er Ende April 1881 verkaufte. Seit Ende 1876 scheint er nicht mehr als Fotograf tätig gewesen zu sein.