Fotografen in Grimma
Mit dem von Louis Daguerre entwickelten und nach ihm bezeichneten fotografischen Verfahren, der Daguerreotypie, wurde ab 1839 die Verbreitung dieses jungen Mediums möglich. Innerhalb weniger Jahre entstanden zunächst in den bedeutenden Städten Europas fotografische Salons. Von dort aus bereisten die ansässigen Fotografen Mittel- und Kleinstädte, bevor sich auch dort Fotografen dauerhaft niederließen. Eine Stadt allein bot nicht genügend Kunden, denn die Daguerreotypien kosteten in den Anfangsjahren nicht viel weniger als ein vom Miniaturmaler gefertigtes Porträt. Das Leben der wandernden Daguerreotypisten, die sich meist in Gartenhäuschen lokaler Gasthäuser oder Einwohner einmieteten, war entbehrungsreich und anstrengend. Der Gebrauch giftiger Chemikalien führte zudem zum frühen Dahinscheiden von so manchen Fotografen.
Seit Anfang der 1850er Jahre hatte sich die qualitativ schlechtere Papierfotografie soweit verbessert, dass sie aufgrund ihres verhältnismäßig geringen Preises und der Duplizierbarkeit die Daguerreotypie immer mehr verdrängte und zu einer massenhaften Verbreitung der Fotografie beitrug. Nun konnte sich praktisch jeder ein Portrait leisten, was den potentiellen Kundenstamm schlagartig erhöhte und zur Gründung vieler Ateliers führte.
Grimma, im März 1843 erstmals von einem Fotografen aus Dresden aufgesucht, erhielt sein erstes Atelier 1857. In Leipzig, einem frühen Zentrum der Fotografie, wo das erste Atelier bereits 1843 eröffnete, waren es 1857 schon zwölf. Doch auch die nun ansässigen Fotografen unternahmen weiterhin Geschäftsreisen in die nähere Umgebung, welche immer noch mehrere Wochen dauern konnten.
In den 1850er und 1860er Jahren wurde die Stadt noch häufig von Wanderfotografen besucht. Seit Mitte der sechziger Jahre spielten fest angesiedelte Foto-Ateliers eine immer größere Rolle bis sich Anfang der siebziger Jahre ein Besuch Grimmas für ortsfremde Fotografen nicht mehr rentierte. Jetzt machte sich in unserer Gegend eher ein
umgekehrter Trend bemerkbar. Durch den Anschluss der Stadt an das Eisenbahnnetz war es den Grimmaern zunehmend möglich, eines der zahlreichen großen Leipziger Ateliers aufzusuchen, welche vor allem in den 1880er und 90er Jahren regelmäßig in den hiesigen Zeitungen inserierten.
Betrug die Lebensdauer der ersten Grimmaer Ateliers zunächst nur wenige Jahre, änderte sich dies Anfang der Achtzigerjahre. Mit der Gründung der fotografischen Salons von Meinhardt, Jäger und Pippig verfügte die Stadt nun über Ateliers, die über Jahrzehnte fortbestanden und unser heutiges Bild von Grimma vom ausgehenden 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts prägten.
Das Aufkommen von Rollfilmkameras in den 1920er und 30er Jahren ermöglichte nunmehr Jedem das Fotografieren. Nun spielte das bloße Entwickeln der Filme eine immer größere Rolle, das nun auch von Optikern und Drogisten übernommen wurde. Die weitere Verbesserung der Technik bis hin zur Digitalfotografie und modernen Druckern unserer Tage führte zu einer zunehmenden Verdrängung der Fotografen in Nischensegmente.