Flucht, Vertreibung, Integration

Texttafeln der Ausstellung

Ausstellung
Flüchtlinge und Vertriebene kommen in die Kreise Grimma, Wurzen und Borna Maßnahmen der Verwaltung gegen das drohende Chaos
Versorgung der Vertriebenen mit Wohnraum, Hausrat und Lebensmitteln
Die Versorgung der Vertriebenen mit Arbeitsplätzen
Horst Anders
Hans-Joachim Kullig

Versorgung der Vertriebenen mit Wohnraum, Hausrat und Lebensmitteln

Die Flüchtlinge aus dem Kreis Militsch-Trachenberg gehörten mit zu den ersten Schlesiern, die in Mittelsachsen ankamen. Die meisten Einheimischen nahmen sie noch ohne größere Komplikationen auf, versorgten sie mit Lebensmitteln und Kleidung. Die später Vertriebenen wurden zunächst in Quarantänelagern aufgenommen. Die Lage der einheimischen Bevölkerung verschlechterte sich zunehmend. Die Vertriebenen waren auf Zuweisungen von Wohnraum angewiesen. Durch das Bleiberecht für die Flüchtlinge mussten die sächsischen Behörden nun Wohnraum organisieren. Die Lage in den vom Krieg teilweise zerstörten Großstädten war prekärer als in den ländlichen Gebieten unserer Region. Die Lager stellten keine dauerhafte Lösung dar. Neun Quadratmeter standen jeder Person nach den Vorgaben der SMAD zu. Hierzu wurden durch örtliche Behörden Wohnungsbegehungen gemacht, jede Wohnung, beziehungsweise jedes Haus wurde vermessen und die zur Verfügung stehende Wohnfläche registriert.

Anfänglich bauten die Behörden auf freiwilliges zur Verfügungstellen von Wohnraum, doch dies funktionierte nur eingeschränkt. Nicht jeder war bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Daher wurde einheimischer Wohnraum auch zwangsweise umverteilt. Es kam auch zu Schikanen gegen die zuge-wiesenen Mitbewohner. Dagegen gingen die Behörden mit Geldstrafen und der Androhung von Freiheitsentzug vor. Die Anlaufstelle für die Umsiedler bei Problemen war der Kreis beziehungsweise der Gemeindeumsiedlerausschuss. Bis 1947 gelang es den Behörden, 80 Prozent aller Vertriebenen als Untermieter in feste Wohnungen einzuweisen und damit deren Lagerdasein zu beenden.

Ein weiteres Problem war die Ausstattung der Unterkünfte mit dem Nötigsten, wie Betten, Mobiliar, Kochgeschirr oder einem Ofen. Es war keine Seltenheit, dass Umsiedler sich weigerten, den zugewiesenen Wohnraum zu beziehen.
Im Lager wurde wenigstens im Winter geheizt und man hatte eine Liegestatt. Durch Sammlungen in Betrieben und in Privathaushalten, sowie durch Spendenaufrufe, versuchte man, wenigstens das Nötigste für die Umsiedler organisieren zu können. Manche Gemeinden wollten sogar so genannte Ortsgesetze erlassen, die es zuließen, überzählige Haushaltsgegenstände von Personen zu beschlagnahmen und sie an die Flüchtlinge und Umsiedler weiter zu geben. Die SED und die SMA verboten jedoch die Durchführung, da sie Angst vor dem Widerstand der Bevölkerung hatten.

Eine frühe finanzielle Hilfe in der SBZ war die Zahlung einer einmaligen Beihilfe. Um die Lage der Vertriebenen etwas zu verbessern, erging am 15. Oktober 1946 der Befehl304 von der SMAD. Auf Antrag wurden den Umsiedlern 300 RM pro Erwachsenem und 100 RM pro Kind ausgezahlt. Diese Maßnahme hatte jedoch nur wenig Erfolg, da, mit der kurze Zeit später durchgeführten Währungsreforn1, die Reichsmark mit einem Kurs von 1:10 in Mark eingetauscht wurde. Ebenso wurden Sparguthaben nur in dem Verhältnis 1:10 ausgezahlt und dies auch nicht in jedem Fall, so dass den Vertriebenen ihre Rücklagen nicht viel halfen. Zudem musste sich die Bank, bei der sich das Konto befand, in der SBZ/DDR befinden, die meisten Umsiedler hatten ihre Rücklagen natürlich bei einer Bank in ihrer alten Heimat.

Aufgrund der Schwierigkeit in der Lebensmittelversorgung blieb man bei der Ausgabe von Lebensmittelmarken, hierbei wurden keine Unterschiede zwischen Einheimischen und Umsiedlern gemacht. Allerdings hatten die Einheimischen mitunter den Vorteil, dass sie Wertgegenstände auf dem Schwarzmarkt gegen Lebensmittel eintauschen bzw. kaufen konnten. Die meisten Umsiedler hatten kaum Kleidung zum anziehen. Wertgegenstände und Bargeld sind ihnen oft während der Vertreibung geraubt worden. Die gezahlten Unterstützungsbeiträge deckten noch nicht mal das Existenzminimum, geschweige denn konnte man damit Hausrat anschaffen. 1947 betrug der monatliche Riebtsatz in Leipzig 31,50 RM. Ein Stück Butter kostetet auf dem Schwarzmarkt 200 Reichsmark. Da viele der Flüchtlinge aus dem Kreis Militsch-Trachenberg in eher ländlichen Gegenden und zumeist bei Bauern untergebracht waren, konnten sie sich als Helfer in der Landwirtschaft etwas dazu verdienen. Meist wurde ihnen der Verdienst in Lebensmitteln und Naturalien ausgezahlt.