Zwischen Heimatfront und Schützengraben – Der Erste Weltkrieg im Muldental

Ausstellung
Der Erste Weltkrieg – Einführung
Die Stadt Grimma im Erste Weltkrieg
Wirtschaft der Stadt im Erste Weltkrieg
Grimmaer Produkte für die Front
Maschinenbau A.G. Golzern-Grimma
Geschoßkörbe der Firma Tretbar
Fest- und Scherzartikelfabrik Weißing
Rationierung von Lebensmitteln
Ernährungslage in Grimma
Husarenregiment Nr. 19 in Grimma
Vom Schulalltag
Kriegsgefangenenlager Golzern

Wirtschaft der Stadt im Ersten Weltkrieg

Zwischen 1871 und 1914 hatte Deutschland einen sagenhaften Aufschwung erlebt. Neben den USA war es bis vor dem Ersten Weltkrieg das dynamischste und modernste Land der Welt geworden. Seine Wirtschaft brummte, bald überholte es die britische. Vor allem die deutsche Wissenschaft genoss Weltruhm. Es war eine Periode außergewöhnlicher, globaler Wirtschaftsintegration, mit relativ starkem Wachstum und niedriger Inflation. Die wirtschaftlichen Verhältnisse veränderten sich in Grimma, so wie im gesamten Deutschen Reich mit dem Ausbruch des Weltkrieges rapide. Vom Kriegsausbruch waren die meisten Betriebe direkt betroffen, vor allem da Deutschland von der Einfuhr von Rohstoffen abhängig war. Das führte bis zum Herbst 1914 zu der zwiespältigen Situation, dass einerseits viele Arbeiter über Nacht entlassen wurden und andererseits Facharbeiter durch die Einberufungen in die Armee in den Betrieben fehlten.

Grimma galt seit jeher als Schulstadt und der Stadtrat war lange Zeit wenig an der Ansiedlung großer Betriebe interessiert, um sich die, auch von vielen Leipzigern geschätzte Idylle nicht zu zerstören. So gab es zu Kriegsbeginn nur wenige Industriebetriebe von Rang und dennoch wirkte sich der Krieg recht unterschiedlich auf die Entwicklung der Unternehmen aus. Der bedeutendste Betrieb der Stadt, die Maschinenbau A.G. Golzern-Grimma, machte durch zahlreiche Heeresaufträge zur Einrichtung von Munitionsfabriken riesige Gewinne. Andere Firmen wie die Korb- und Kinderwagenfabrik Julius Tretbar gerieten u.a. aufgrund der Rohstoffknappheit zunehmend in eine wirtschaftliche Schieflage, welche schließlich zum Verkauf oder zur Schließung, wie im Falle der Firma Tretbar, führte. Die meisten Firmen überstanden den Krieg jedoch meist mit kleineren Einbußen, selten mit Gewinn. Gemeinsam sind allen die Probleme in der Rohstoffbeschaffung, der Umstellung der Produktion von Export- oder Konsumgütern auf Kriegsgüter und der Arbeitskräftemangel, der nur zum Teil durch den Einsatz von Kriegsgefangenen und die zunehmende Beschäftigung von Frauen gelindert werden konnte. In Grimma beschäftigten z.B. die Maschinenbau A.G., die Steinbrüche von Friedrich Zachmann und Hermann Weishorn, die Großmühle, das Baugeschäft von Robert Barthel und das Steinmetzgeschäft Göde & Schille Kriegsgefangene aus dem Lager Golzern. Mit der Schließung des Lagers Ende März 1917 mußten sich die Unternehmen selbst um die Unterbringung der Gefangenen kümmern. Dies stellte für die Betriebe ein großes Problem dar, da durch die Ausweitung der Produktion für Heeresaufträge kaum noch Räumlichkeiten zur Verfügung standen.

Eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Angestellten war die Folge. Abweichungen von gesetzlich geforderten Raumverhältnissen und Arbeitsschutz wurden von den Behörden fast immer mit Rücksicht auf die Kriegszeiten genehmigt, wodurch es zu einigen schweren Unfällen mit Todesfolge kam. Als sich 1916 die Rohstoffsituation rasant verschlechterte, mussten einige Betriebe die Produktion drosseln. Das führte zu Entlassungen und verkürzten Arbeitszeiten. Da die Lebensmittelpreise weiter stiegen und die Löhne der Arbeiter kaum noch ausreichten, um die Familien zu ernähren, musste die Stadtverwaltung mit für den Unterhalt der Bevölkerung sorgen. Die Grimmaer Handwerksbetriebe und Geschäfte überstanden den Krieg mit Ausnahme der Textilgeschäfte, von denen bereits im Herbst 1914 in der Altstadt drei Konkurs anmelden mussten, recht gut. Durch die Rohstoffknappheit wurde häufig mehr repariert als produziert. Nach dem Krieg konnten sich die meisten Betriebe mehr oder weniger schnell auf die Friedensproduktion umstellen. Die größtenteils auf Export ausgerichteten Grimmaer Großbetriebe steigerten ihre Umsätze bald wieder und wuchsen, durch die Inflation und Weltwirtschaftskrise nur kurzzeitig geschwächt, zu teilweise weltbekannten Firmen an.