Zwischen Heimatfront und Schützengraben – Der Erste Weltkrieg im Muldental

Ausstellung
Der Erste Weltkrieg – Einführung
Die Stadt Grimma im Erste Weltkrieg
Wirtschaft der Stadt im Erste Weltkrieg
Grimmaer Produkte für die Front
Maschinenbau A.G. Golzern-Grimma
Geschoßkörbe der Firma Tretbar
Fest- und Scherzartikelfabrik Weißing
Rationierung von Lebensmitteln
Ernährungslage in Grimma
Husarenregiment Nr. 19 in Grimma
Vom Schulalltag
Kriegsgefangenenlager Golzern

Maschinenbau A.G. Golzern-Grimma

Die Maschinenbau A.G. Golzern-Grimma, aus der später die MAG und der CLG hervorgingen, war mit 236 Mitarbeitern im Jahr 1914 der bedeutendste Betrieb der Stadt, aber kurz vor dem Bankrott. Das eigentliche Stammwerk in Golzern musste 1913 geschlossen werden. Nur wenige Fachkräfte wurden in das Grimmaer Werk übernommen. Wegen mangelnder Aufträge wurde Kurzarbeit verhängt. Seit 1907 wurden keine Dividenden mehr ausgezahlt und Aktien teilweise in Genussscheine umgewandelt. Der Betrieb stellte hauptsächlich Maschinen für die Papierindustrie, Destillations- und Refraktionsanlagen für die Nahrungsmittelindustrie und Dampfmaschinen sowie verschiedene Pressen her. Ein Großteil der Produkte, bis hin zu fertigen Fabrikanlagen, wurde exportiert, u.a. bis nach Japan oder die USA. Durch die vielen regionalen Kriege, vor allem auf dem Balkan, die dem 1. Weltkrieg vorausgingen, fehlten der Firma potentielle Kunden. Mit Ausbruch des Krieges verschlechterte sich die Situation noch einmal kurzzeitig, da nun fast alle Absatzgebiete wegbrachen und Kunden aus England oder Frankreich Rechnungen für bereits erhaltene Anlagen nicht mehr beglichen.
Doch gerade der Krieg hat die Maschinenbau-Anstalt gerettet und in der Folge zu einer neuen Blüte geführt. Da die deutschen Munitionsvorräte bereits im Herbst 1914 erschöpft waren, brauchte man dringend Pulverfabriken. Zu den Nischenprodukten der Firma gehörten auch Pulverpressen und sonstige Einrichtungen für Munitionsfabriken, weshalb die Aufträge nicht lange auf sich warten ließen. Der Betrieb konnte sich bereits bis Jahresende sanieren und verzeichnete auch in den folgenden Kriegsjahren zunehmende Gewinne. Dies dankten die Inhaber dem Reich mit der Zeichnung sämtlicher Kriegsanleihen, die sich zudem mit der Steuer verrechnen ließen. Beliefert wurden die Pulverfabriken Plaue a.d. Havel, Premnitz, Spandau, Hanau, Ingolstadt und viele weitere. Daneben wurden aber auch während des Krieges, sofern der Krieg dies zuließ, im In- und Ausland Papierfabriken, Zuckerraffinerien oder Brauereien ausgerüstet.
Sorgen bereiteten dem Aufsichtsrat der Rohstoffmangel, die zunehmenden Engpässe in der Stromversorgung und die fehlenden Arbeitskräfte. Da der Betrieb kriegswichtige Einrichtungen baute, waren die meisten Facharbeiter vom Fronteinsatz freigestellt. Der Mangel an Arbeitern, die man für die gestiegene Produktion benötigte, wurde hauptsächlich durch den Einsatz von Kriegsgefangenen aus dem Lager Golzern und durch Einstellung von Frauen beseitigt. Bereits 1914 bekam die Fabrik ihre ersten Gefangenen und beschäftigte bis Kriegsende im Durchschnitt 40 bis 55 Gefangene. Frauen spielten bis zum Krieg in der Firmengeschichte keine Rolle, so sind bis dato nur für das Geschäftsjahr 1913 sechs Frauen belegt. Auch während des Krieges tat man sich schwer mit der Einstellung von Frauen für Hilfsarbeiten, so dass deren Zahl nur langsam von 8 im Jahr 1915, 12 im Jahr 1916 auf immerhin 52 im Jahr 1917 stieg, aber bereits 1918 auf 30 zurückging. Der starke Anstieg 1917 ist dem Kriegsverlauf geschuldet. Zunehmend mussten Männer, die bisher freigestellt waren, zur Front. Trotzdem erreichte der Betrieb im Jahr 1917 mit 441 Arbeitern einen vorläufigen Beschäftigungsrekord. Der durchschnittliche Stundenlohn der Arbeiter stieg aufgrund der Teuerung von 37 Pfennige 1914 auf 49 Pfennige im Jahr 1918. Zudem wurden Familien, deren Männer im Heer dienten, zusätzlich unterstützt.

Der Rohstoffmangel stellte auch für diesen Betrieb das größte Problem dar, obwohl er aufgrund seiner kriegswichtigen Erzeugnisse noch relativ gut versorgt wurde. Mit fortschreitendem Krieg verschlimmerte sich die Situation allerdings zunehmend, so dass ab 1917 beispielsweise die Formerei und die Gießerei zeitweise bzw. ganz geschlossen werden mussten, und es trotz des allgemeinen Arbeitskräftemangels auch zu Entlassungen kam. Für die Zeit nach dem Krieg war man finanziell gut aufgestellt, schließlich konnte man den Aktionären schon 1915 bis zu 20% Dividende auszahlen. Nach Kriegsende gelang es der Firma, sich auf die Friedensproduktion umzustellen und die politischen Nachkriegswirren zu überstehen.