Zwischen Heimatfront und Schützengraben – Der Erste Weltkrieg im Muldental

Ausstellung
Der 1. Weltkrieg – Einführung
Die Stadt Grimma im Ersten Weltkrieg
Wirtschaft der Stadt im Ersten Weltkrieg
Grimmaer Produkte für die Front
Maschinenbau A.G. Golzern-Grimma
Geschoßkörbe der Firma Tretbar
Fest- und Scherzartikelfabrik Weißing
Rationierung von Lebensmitteln
Ernährungslage in Grimma
Husarenregiment Nr. 19 in Grimma
Vom Schulalltag
Kriegsgefangenenlager Golzern

Vom Schulalltag

Vom Ersten Weltkrieg waren auch die Schulen unmittelbar betroffen. Zunächst war man überrascht über den schnellen Kriegsbeginn, aber auch begeistert über die großen Erfolge der Anfangszeit, welche die Schüler anhand ausgelegter Karten gut verfolgen konnten. Zudem wurde der Unterricht häufig unterbrochen, um die neuesten Siegesmeldungen zu verkünden oder zu feiern.
Anfang August wurden in der Fürstenschule und im Lehrerseminar erste Reifeprüfungen für all diejenigen vorgezogen, welche sich als Kriegsfreiwillige meldeten. Natürlich machten alle Schüler von dieser Möglichkeit Gebrauch, einerseits um ihre vaterländische Pflicht zu erfüllen, aber auch um dem gleichförmigen Schulalltag zu entfliehen und die Welt zu sehen.

Der Unterricht veränderte sich ebenfalls. Während mangelnder Patriotismus kein Problem darstellte, war es nach Meinung des Ministeriums um die körperliche Ertüchtigung der Jugend nicht so gut bestellt. Bereits im September 1914 ordnete das Schulministerium daher die Bildung von sogenannten Jungmannschaften an, in denen, unter Anleitung von Offizieren der Kaserne oder des Gefangenenlagers Golzern, vor allem Geländemärsche veranstaltet und das Exerzieren geübt wurde. Allgemein lässt sich beobachten, dass man auch den Sportunterricht zu Ungunsten von anderen Fächern immer stärker ausgebaut hatte.
Auch fanden teilweise Schießübungen bei der Schützengesellschaft statt und es gab Unterweisungen im Lesen militärischer Karten. Um die Verbundenheit der Schüler zu ihrem Staat zu stärken, wurde ab 1915 Bürgerkunde als neues Fach eingeführt und der Geschichtsunterricht verstärkt, wobei vaterländische Geschichte überwog.
Der Unterrichtsbetrieb veränderte sich auch durch die mangelnden Ressourcen drastisch. Schon im ersten Kriegswinter musste man sich in den Schulen auf wenige, einigermaßen beheizte Räume beschränken und im späteren Kriegsverlauf die Schulen zeitweise schließen. Zudem litt der Unterricht dadurch, dass bis zu einem Drittel der Schüler in den Sommermonaten, z.T. bis zu einem Vierteljahr, für landwirtschaftliche Arbeiten freigestellt waren. Im Falle der Fürstenschule wurden diese Arbeitseinsätze, hauptsächlich auf den Rittergütern Börln und Dornreichenbach, von der Schule mit organisiert.
Die angespannte Ernährungslage betraf auch die Schulspeisungen, wobei die Fürstenschule als reine Internatsschule besonders betroffen war. Standen für einen Schüler vor dem Krieg in der Woche 3,75 kg Brot, 2 kg Fleisch und 330 g Butter zur Verfügung, waren es schon Ende 1916 nur noch 1,5 kg Brot, 125g Fleisch und 62,5 g Butter. Neben den rationierten Lebensmitteln mangelte es auch an anderen Nahrungsmitteln wie Gemüse, so dass die „Kriegssuppen“ ziemlich dünn ausfielen. Die Schulleitung hob aus diesem Grund das Verbot von elterlichen Lebensmittelsendungen auf.

Natürlich blieben auch die Schulen vom Massensterben an der Front nicht unberührt. Von den 26 Oberprimanern der Fürstenschule, die im August 1914 ihre Reifeprüfung ablegten, starben bereits im Oktober drei bei Lille, fünf weitere wurden verwundet und zwei vermisst gemeldet. Die Verpflichtung von Lehrern zum Kriegsdienst, allein 17 Lehrer der Bürgerschule, sorgte ebenfalls für Notstundenpläne. Umso erstaunlicher ist es, dass trotz Lehrermangels in Grimma keine zusätzlichen Frauen in diese Männerdomäne eindringen konnten. Gelindert wurde der Lehrermangel durch das Fehlen der oberen Jahrgänge, die sich meist geschlossen zum Heeresdienst meldeten. Manche Lehrer wurden vom Frontdienst freigestellt und fungierten, wie Dr. Eckert von der Fürstenschule, z.B. im Kriegsgefangenenlager Golzern als Übersetzer. Verwundete Lehrer wurden teilweise wieder in den Schuldienst eingegliedert wie z.B. Dr. Däbritz, der seine Schützlinge in der Fürstenschule sogleich im Exerzieren unterweisen konnte.
Insgesamt verlor die Fürstenschule 159 ehemalige Schüler und Lehrer im Krieg, das Seminar 137 und die Realschule 132. Zum Gedenken an die verhältnismäßig vielen Toten wurden nach dem Krieg in den Schulen Ehrentafeln angebracht und Denkmäler errichtet.