Das Kriegsgefangenenlager Golzern von August 1914 bis März 1917

Ausstellung
Gefangen im Großen Krieg
Das geistig-kulturelle Leben im Lager
Bericht über das geistig-kulturelle Leben im Lager Golzern
Ernährung der Kriegsgefangenen
Arbeitseinsatz der Kriegsgefangenen
Die medizinische Betreuung der Kriegsgefangenen
Die Postzensur im Kriegsgefangenenlager
Gefangenenbewachung und Fluchtproblem

Gefangen im Großen Krieg

Während des Ersten Weltkrieges gerieten zwischen 6,6 und 8 Millionen Soldaten in Gefangenschaft. Bei etwa 60 Millionen Soldaten entsprach dies mehr als zehn Prozent aller Mobilisierten. Fast 2,5 Millionen Menschen aus 13 verschiedenen Staaten gerieten allein in deutsche Kriegsgefangenschaft.
In vielen Krieg führenden Staaten waren die Militärbehörden im Sommer 1914 von einer kurzen Kriegsdauer ausgegangen, so dass kaum Vorkehrungen für die Unterbringung einer größeren Gefangenenzahl getroffen wurden. Die deutsche Militärführung beispielsweise veranschlagte die Zahl der kurzzeitig unterzubringenden Kriegsgefangenen nach den Erfahrungen des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 auf höchstens 160.000 Mann. Doch bereits zum Jahreswechsel 1914/15 hatten die deutschen Behörden 577.875 Kriegsgefangene zu versorgen.

Die Lagereinrichtungen mussten im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Boden gestampft werden. Bis 1915 entstanden allein in Deutschland über 100 Mannschaftslager. Unter dem Druck der Verhältnisse galt es Kompetenzen abzustimmen, eine Verwaltung zu etablieren und genaue Richtlinien bezüglich Unterbringung, Bewachung und Fürsorge von Kriegsgefangenen auszuarbeiten.

In den vorgesehenen großen Sammelunterkünften sollten 2,5 qm pro Person ausreichen. Als einheitlicher Mindeststandard an persönlicher Ausstattung galt für die Soldaten eine Schlafstätte (für Mannschaften nur ein Strohsack), zwei Decken, Handtuch und Essgerät.

In den Gefangenenlagern behielten die Soldaten ihren Status und Rang als Offiziere oder einfache Soldaten. Die Behandlung von Kriegsgefangenen regelte die „Haager Landkriegsordnung“ von 1907, an die sich alle beteiligten Nationen hielten: Gefangene sollten mit Menschlichkeit behandelt werden und in Bezug auf Nahrung und Unterkunft den eigenen Truppen gleichgestellt sein. Sie unterstanden den Gesetzen, Vorschriften und Befehlen des Staates, in dessen Gewalt sie sich befanden und durften mit Ausnahme der Offiziere zur Arbeit herangezogen werden. Die gefangennehmende Partei hatte für den Unterhalt der Kriegsgefangenen zu sorgen.

Die einzige durch die gesamte Kriegszeit hindurch konstante Leitlinie der Gefangenenbehandlung war das Gegenseitigkeitsprinzip, d. h. die Ausrichtung des eigenen Verhaltens an den Interessen der kriegsgefangenen Deutschen im Ausland.

Dieses Interesse konnte disziplinierend wirken und hatte auch positive Wirkungen für die in Deutschland internierten Soldaten. So war die Sorge um die Lage der kriegsgefangenen Deutschen im internen Schriftverkehr oft die ausschlaggebende Begründung für eine Verbesserung der Behandlung feindlicher Heeresangehöriger.