Das Kriegsgefangenenlager Golzern von 1914 bis 1917

Ausstellung
Gefangen im Großen Krieg
Das geistig-kulturelle Leben im Lager
Bericht über das geistig-kulturelle Leben im Lager Golzern
Ernährung der Kriegsgefangenen
Arbeitseinsatz der Kriegsgefangenen
Die medizinische Betreuung der Kriegsgefangenen
Die Postzensur im Kriegsgefangenenlager
Gefangenenbewachung und Fluchtproblem

Ernährung der Kriegsgefangenen

Mit erheblichem Aufwand erarbeitete das beim Berliner Unterkunftsdepartement eingerichtete Referat „Gefangenenernährung“ physiologisch berechnete Speisepläne, testete Nahrungsmittel und Kochrezepte in einer Testküche und ließ sogar eigene Nahrungsmittel für die Gefangenen herstellen.

Bis Anfang des Jahres 1915 gab es eher allgemein gehaltene Ratschläge zur Verpflegung kriegsgefangener Mannschaftssoldaten. Dies änderte sich mit dem Ernährungserlass des Unterkunftsdepartements vom 24. April 1915. Er enthielt detaillierte Richtlinien hinsichtlich der Quantität, Qualität und Zusammensetzung der Nahrung. Eine „Nahrungsnorm“ von 2.700 Kalorien wurde festgelegt, die einen physiologischen Gehalt von 85 g Eiweiß, 40 g Fett und 475 g Kohlehydrate enthalten sollte.

Im März 1916 wurde die tägliche Kalorienzahl offiziell reduziert bzw. eine Ausdifferenzierung für nicht arbeitende und arbeitende Kriegsgefangene vorgenommen. Für die nicht arbeitenden Kriegsgefangenen wurde die tägliche Norm auf 2.100 Kalorien herabgesetzt, nur noch schwer arbeitende Gefangene sollten fortan 2.900  Kalorien erhalten.

Bloß den schwer arbeitenden Kriegsgefangenen wurden wöchentlich 300 g Fleisch zugeteilt, für nicht arbeitende sollten jetzt 240 g ausreichen. Bis Ende 1916 sanken diese empfohlenen Fleischrationen weiter ab: auf 100-200 g wöchentlich, je nach Schwere der Arbeitsleistung. Außerdem mussten auch in den Kriegsgefangenenlagern die fleischlosen Tage, die auch für die Zivilbevölkerung eingeführt worden waren, eingehalten werden. Es gab nur noch an drei Tagen in der Woche Fleisch.

In den Stammlagern gab es eine regelrechte Hierarchie des Nahrungsmittelmangels zwischen den kriegsgefangenen Nationen. Ganz unten in dieser Klassengesellschaft standen jene Kriegsgefangenen, die nicht umfassend durch Hilfspakete aus dem Ausland unterstützt wurden, wie die russischen Soldaten. Vergleichsweise privilegiert waren dagegen die Franzosen. In ihren Heimatstaaten organisierten nationale Hilfsorganisationen eine umfassende Nahrungsmittelhilfe. Außerdem schickten Verwandte und Bekannte Pakete an ihre Lieben ins Lager. Die von der Regierung in Frankreich organisierten Brotsendungen an französische Kriegsgefangene betrugen zuletzt bis 2,5 kg wöchentlich pro Kopf.

Nahrungsmittelpakete aus der Heimat wurden ausdrücklich zugelassen, ebenso die Zusendung von Genussmitteln wie Zigaretten, Tabak und Schokolade, deren Verkauf in den Lagern nicht gestattet war.