Das Kriegsgefangenenlager Golzern von August 1914 bis März 1917

Texttafeln der Ausstellung

Ausstellung
Gefangen im Großen Krieg
Das geistig-kulturelle Leben im Lager
Bericht über das geistig-kulturelle Leben im Lager Golzern
Ernährung der Kriegsgefangenen
Arbeitseinsatz der Kriegsgefangenen
Die medizinische Betreuung der Kriegsgefangenen
Die Postzensur im Kriegsgefangenenlager
Gefangenenbewachung und Fluchtproblem

Arbeitseinsatz der Kriegsgefangenen

Der Artikel 6 des Haager Gefangenenreglements legitimierte die Beschäftigung kriegsgefangener Mannschaftssoldaten. Sie sollten nur entsprechend ihres Dienstgrads und ihrer Fähigkeiten eingesetzt werden und die Arbeit selbst nicht „exzessiv“ sein.

Zunächst galt, bis Ende 1914, ein Arbeitseinsatz der in Deutschland eingetroffenen Soldaten als Beschäftigungstherapie. Unter dem Druck des spürbaren Arbeitskräftemangels änderte sich dies allerdings bereits zur Jahreswende 1914/15. Militärische und zivile Stellen förderten nunmehr den verstärkten Einsatz Kriegsgefangener.

Auch die Gefangenen des Golzerner Lagers wurden zu Arbeitseinsätzen herangezogen. Während in den ersten Kriegsmonaten nur vereinzelt Kriegsgefangene zur Aufrechterhaltung des Lagerbetriebs eingesetzt waren, stieg die Zahl der zur Arbeit herangezogenen Gefangenen bis zur Auflösung des Lagers 1917 auf etwa 90 Prozent.

Um die nötigen Facharbeiter zu ermitteln, wurden ab 1915 die Berufe der Gefangenen registriert und die Internierten gegebenenfalls mit denen in anderen Lagern ausgetauscht. Dies war der erste Schritt hin zur systematischen Erfassung von Kapazitäten für die Kriegswirtschaft.

Seit Anfang 1915 wurden Gefangene in größerem Maßstab in der Industrie und im Bergbau eingesetzt. Gegen Jahresende wurde der Mangel an Arbeitskräften so bedenklich, dass eine Aufrechterhaltung der deutschen Kriegswirtschaft ohne den Einsatz von Kriegsgefangenen nicht mehr möglich war. So wurden auch die Gefangenen aus Golzern immer stärker in der heimischen Industrie tätig. Etwa die Hälfte von ihnen arbeitete in den großen Kohletagebauen südlich von Leipzig. Dort waren sie vor allem in den Brikettfabriken und im Abraumbetrieb beschäftigt – im Mai 1916 waren es 1.127 Gefangene. Die Tageslöhne waren im Hinblick auf die schwere Arbeit mit 2,80 – 3,75 Mark relativ hoch, teilweise bekamen die Gefangenen die gleichen Löhne wie deutsche Arbeiter. Elemente von Leistungsentlohnung bis hin zum Akkordlohn zielten auf eine größere Ausnutzung der Arbeit der Kriegsgefangenen für die Kriegswirtschaft. Elemente des Zwangs betonten die Militärbehörden allerdings ebenfalls: Es wurde den Wachsoldaten zur Aufgabe gemacht, die Gefangenen energisch zu flüssiger Arbeit anzuhalten.

Im Jahre 1916 stieg der Anteil der Kriegsgefangenen in der Landwirtschaft, von 3% am Jahresanfang auf 50% am Jahresende, was sich durch die zunehmenden Engpässe in der Lebensmittelversorgung erklärt. In den meisten Fällen hatte der jeweilige Bauer für die Unterbringung, die Bewachung und den Transport der Gefangenen zu sorgen. Nur im näheren Umkreis des Stammlagers oder bei großen Arbeitskommandos wurden Transport und Bewachung vom Lager übernommen.

Im Laufe des Krieges entwickelte sich ein Kreislauf, in welchem die Gefangenen nach mehrwöchiger Arbeit in der Industrie und vor allem den Braunkohlengruben zur körperlichen Erholung auf die Bauernhöfe und, zu einem wesentlich kleineren Teil, ins Lager kamen. In den Landwirtschaftsbetrieben war die Versorgung mit Lebensmitteln weitaus besser für die Gefangenen. Außerdem waren viele von ihnen hier ohne Bewachung untergebracht.

Auch in den hiesigen Rüstungsbetrieben und Steinbrüchen wurden zahlreiche Gefangene beschäftigt. Daneben bekamen auch einzelne Handwerker ein oder zwei Gefangene zugeteilt. Für die Unterbringung hatten auch hier die Betriebe selbst zu sorgen. Nur die in Grimma tätigen Gefangenen kehrten abends ins Lager zurück. In den meisten Fällen wurden die Gefangenen durch die Arbeitgeber versorgt und erhielten einen Tagessatz von 1,25 – 1,50 Mark. Bei kleineren Kommandos wurde vor allem ab Ende 1915, angesichts der großen Anzahl an Arbeitskommandos, auf eine Bewachung verzichtet. Für die Aufsicht der Gefangenen waren Angestellte des Betriebes, meist der Werkmeister oder Vorarbeiter, oder speziell eingestellte Hilfswachleute zuständig.