Martin Luther – Spurensuche

Texttafeln zur Austellung

Ausstellung
Bildung auch für Mädchen
Die Landesschule in Grimma
Die Leipziger Disputation
Die Leisniger Kastenordnung
Katharina von Bohra
Die Lutherehrung in Grimma
Johann von Staupitz
Lebensstationen Martin Luthers
Luther und die Reformation in Grimma und Umgebung
Wenzeslaus Link
Wider den Ablaßhandel

Die Leipziger Disputation

1518 war Luthers Wittenberger Kollege Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, in eine literarische Fehde mit dem Ingolstädter Theologieprofessor Johann Eck geraten. 1517 hatte sich Karlstadt als einer der ersten Luther angeschlossen, dessen Thesen er mit Vehemenz verteidigte. Die Kontrahenten Eck und Karlstadt hatten für den Sommer 1519 eine Disputation in Leipzig verabredet und dafür die Zustimmung der dortigen theologischen Fakultät und des Herzogs Georg von Sachsen erhalten. Eck wollte jedoch Luther, den eigentlichen Urheber der neuen Ideen, treffen und veröffentlichte deshalb im Dezember 1518 Thesen gegen Luther und forderte diesen im Februar 1519 auf, sich in Leipzig zur Disputation zu stellen. Eck hoffte, seinen Gegner auf der gleichen Linie bloßstellen zu können, auf der die römischen Ketzerrichter operierten: der Negierung des päpstlichen Primats.

Begleitet von 200 bewaffneten Studenten fuhren Karlstadt, Luther und Melanchthon am 24. Juni 1519 auf zwei Rollwagen durch das Grimmaische Tor in Leipzig ein. Eck war schon zwei Tage vorher eingetroffen, wohlwollend von den Honoratioren begrüßt und hofiert. Interessenten und Beobachter aus vielen Städten und Klöstern, unter anderem aus Görlitz, Dresden, Annaberg und Regensburg, waren erschienen. Auch Thomas Müntzer war anwesend. Der Grimmaer Amtmann Hans von Planitz schützte Luther durch seine Stellung als Kurfürstlicher Rat vor Provokationen seiner Gegner. Ihm allein schreibt Luther den ungestörten Verlauf der Verhandlungen zu. In einem Brief an den Kurfürsten Friedrich vom 18. August 1519 schreibt Luther: „… und wäre Herr von Planitz nicht gewesen, so wäre ich Hans dahinten gewesen“.

Nach einem Festgottesdienst eröffnete der Leipziger Poesieprofessor Mosellanus am 27. Juni die Disputation in der Hofstube der Pleißenburg. Drei Wochen zog sich die Redeschlacht hin, nur von Feiertagen unterbrochen und geschützt von 76 bewaffneten Bürgern. Disputiert wurde nach deutschem Reglement, das heißt, der Disputant musste seine Rede dem Protokollanten wörtlich in die Feder diktieren. Nachdem sich auf diese Weise Karlstadt eine Woche lang ohne sonderlichen Glanz mit Eck herumgeschlagen hatte, trat am 4. Juli Martin Luther in die Schranken. Eck hatte ihn schon in den gedruckten Thesen des Hussitismus verdächtigt. Jetzt lockte er ihn in die Falle: Luthers Auffassungen vom päpstlichen Primat, erklärte Eck am 5. Juli, seien den Irrtümern der ketzerischen Hussiten sehr ähnlich, die schon vom Konstanzer Konzil 1415 verdammt wurden. Kurz und heftig verbat sich Luther diese Anspielungen.

Schließlich entfuhr Luther nach der Mittagspause die Äußerung: Unter den Artikeln des Johannes Hus und der Hussiten seien viele echt christliche und evangelische, welche die Kirche nicht verdammen könne, so zum Beispiel der Satz: Es gibt nur eine allgemeine Kirche. Am nächsten Tag ließ sich Luther zu der Erklärung hinreißen, Konzilsbeschlüsse seien nicht göttlichen Rechts und folglich für ihn nicht verbindlich. Damit hatte er eindeutig den Rechtsboden der katholischen Kirche verlassen.

Dem lag eine neue Auffassung vom Wesen der Kirche zugrunde. Die Kirche sei das, wo der Glaube ist, und der Glaube könne kein anderes Haupt der Kirche dulden, außer Christus.

Das Urteil über Luther war geteilt. Manche fühlten sich in ihrer Gegnerschaft zu Luther bestärkt, andere gewann Luther durch seine Art, mit der Heiligen Schrift umzugehen. Humanisten ergriffen für Luther die Feder. Ihre Briefe und Flugschriften unterstützten ihn. So breitete die Leipziger Disputation die reformatorische Bewegung aus, die nun anfing, sich gegen das Papsttum zu richten und damit antirömische Züge anzunehmen.