Zwischen Heimatfront und Schützengraben – Der Erste Weltkrieg im Muldental

Ausstellung
Der Erste Weltkrieg – Einführung
Die Stadt Grimma im Erste Weltkrieg
Wirtschaft der Stadt im Erste Weltkrieg
Grimmaer Produkte für die Front
Maschinenbau A.G. Golzern-Grimma
Geschoßkörbe der Firma Tretbar
Fest- und Scherzartikelfabrik Weißing
Rationierung von Lebensmitteln
Ernährungslage in Grimma
Husarenregiment Nr. 19 in Grimma
Vom Schulalltag
Kriegsgefangenenlager Golzern

Fest- und Scherzartikelfabrik Weißing

Die 1878 gegründete Papierwarenfabrik Hermann Weißing war schon vor dem 1. Weltkrieg eine der größten Arbeitgeber in Grimma. Da vor allem Saisonartikel für die Weihnachts- und Faschingszeit oder sonstige Großveranstaltungen hergestellt wurden, schwankte die Produktion generell sehr stark, so dass hauptsächlich in der zweiten Jahreshälfte deutlich mehr Arbeit vorhanden war als in der ersten. Dem entspricht auch der hohe Anteil an Heimarbeiterinnen, die nicht nur billig, sondern auch flexibel einsetzbar waren.

Mit Ausbruch des Krieges wurden die ersten Kinderfahnen für die schon geplanten Siegesfeiern bestellt. Die ca. 150 Mitarbeiter, darunter viele Heimarbeiterinnen, mussten Extraschichten an den Sonntagen einlegen, damit die Fahnen termingerecht geliefert werden konnten. Des Weiteren galt es, die deutsche Jugend auf ihre Zukunft vorzubereiten, daher wurden für das Weihnachtsgeschäft zahlreiche Militärrequisiten für Kinder produziert.

Die Arbeitszeiten, die ständig schwankten, betrugen für eine Arbeiterin zu Kriegsbeginn etwa 12½ h abzüglich einer ¾ h für Pausen. Bis 1915 hatte der Betrieb bis zu 270 Beschäftigte. Im Verlauf des Krieges sank der Bedarf an Fest und Scherzartikeln, damit sank auch die Zahl der Mitarbeiter. Engpässe in der Kohle- und Stromversorgung hatten eine Verkürzung der Arbeitszeiten auf durchschnittlich zehn Stunden zur Folge. Hermann Weißing musste auch die Produktion umstellen. Jetzt wurden u.a. Armbinden und Abzeichen für die Sammler der U-Boot- oder Ludendorffspenden produziert.

Aufgrund der enorm gestiegenen Papierpreise sanken Produktion und Beschäftigungszahl in der zweiten Kriegshälfte noch einmal um etwa die Hälfte. Allerdings konnten Gewinn und Umsatz bis zum Kriegsende wieder auf etwa das Vorkriegsniveau gesteigert werden. Grund dafür waren neben den gesunkenen Lohnkosten eine zunehmende Fertigung von anspruchslosen Ersatzprodukten wie Schuhsohlen oder Taschen aus Pappe und Papier.

Unmittelbar nach dem Waffenstillstand hatte die Firma vor allem mit den unsicheren politischen Verhältnissen und der teils noch schlechteren Versorgungslage zu kämpfen. Dem begegnete Hermann Weißing durch die Umwandlung der Firma in eine Familien-Aktiengesellschaft, was erhebliche Steuervorteile brachte. Die Auswirkungen der Inflationszeit konnten umgangen werden, in dem man vorwiegend Exportgeschäfte gegen Devisen tätigte.

Es ist vor allem der Umsichtigkeit Hermann Weißings zu verdanken, dass die Scherzartikelfabrik den Krieg ohne nennenswerte Einbußen überstanden hat. Nach dem Krieg stellte die Firma ihre Produktion auf das alte Sortiment um und entwickelte sich so in den 20er Jahren schnell zur weltweit bedeutendsten Fest- und Scherzartikelfabrik und blieb dies bis zum 2. Weltkrieg.