Die Industrie- und Gewerbeausstellung 1908
Das Ausstellungsgelände
Das Ausstellungsgelände umfasste das gesamte östliche Areal des heutigen Volkshausplatzes, d.h. den Schützenhausplatz und die nördlich angrenzenden Wiesen bis zur damaligen Mohr’schen Waschanstalt (heute Metallbau Bennewitz) sowie zwei privaten Obstgärten. Bereits im Herbst wurde das Gelände abgesteckt und die wichtigsten Wege angelegt, so dass die Gärtner genügend Zeit für ihre Vorarbeiten hatten. Der gärtnerische Gesamtentwurf stammte von Gustav Gensel, welcher zuvor 15 Jahre lang in England als Landschaftsgärtner tätig war und dort zahlreiche Preise errungen hatte.
Von den Promenaden aus führte der Hauptweg direkt zur großen Ausstellungshalle, deren Entwurf aus einem Wettbewerb hervorging, welchen der hiesige Baumeister Munde gewann. Bei dem Wettbewerb gingen drei Entwürfe mit Kostenvoranschlägen von einheimischen Baufirmen ein. Allerdings hatte Munde den Vorteil, dass er Mitglied im Bauausschuss war und ihm alle Pläne vorlagen, so dass er seinen Entwurf und Kostenvoranschlag entsprechend gestalten konnte.
Die Haupthalle war eine reine Holzkonstruktion mit Pappdach, 65m lang und 18,5m breit. Sie bot einen ca. 1220m2 großen Innenraum und war mit zahlreichen Fenstern und Oberlichtern ausgestattet. Die Kosten waren mit 8.000 Mark veranschlagt. Vor dem Eingang befand sich links der Musikpilz, an dem die zahlreichen Platzkonzerte stattfanden und rechts ein Kiosk der Zigarrenfabrik Raue. Die zweite Halle befand sich rechts vom Hauptweg und war eine kombinierte Holz-Zelt-Konstruktion, in der vor allem die Fabrikbetriebe und die Händler mit sperrigen oder schweren Ausstellungsstücken ihren Platz hatten, wie etwa die Wagenbauer. Die dritte Halle war adäquat der zweiten und stand etwas zurückgesetzt links vom Hauptweg. Beide Hallen waren je etwa 30m lang, 12m breit, boten etwa 432m2 an zusätzlicher Ausstellungsfläche und stammten von der Planen- und Zeltfabrik Tränkner & Würker Nachf. aus Leipzig. Da der Platz noch immer nicht ausreichte errichtete die Firma Aegid Lehmann nördlich der Haupthalle die kleine Halle 4, in welcher vor allem weibliche Handarbeiten und Blindenarbeiten gezeigt wurden. An der linken Stirnseite der Haupthalle befand sich das Hippodrom von Paul Wölbling aus Leipzig, welcher mit seiner Reithalle sonst die jährlichen Schützenfeste in Grimma besuchte. Unmittelbar davor stand das Heidelberger Faß, eines der drei Ausstellungslokale, welches der Wirt des Gambrinus, Traugott Eulitz, betrieb und dessen Entwurf vom Baumeister Aegid Lehmann stammte. Das zweite Restaurant, die „Schaddelmühle“, stand an der rechten Stirnseite der Ausstellungshalle und wurde vom Hotelier des Kronprinz, Otto Dünnebier, sowie dem Fleischermeister Emil Hilbig betrieben. Entwurf und Ausführung stammten vom hiesigen Baumeister Barthel. Das dritte Lokal befand sich mit dem sogenannten „Klosterkeller“ im Schützenhaus. Da die eigentlichen Säle und Gasträume im Schützenhaus für die Aufführungen der Festspiele und von der Ausstellungsleitung genutzt wurden, gestaltete man die sonst als Garderobe dienenden Räumlichkeiten zu genanntem Gastraum um. Zudem ließ der Schützenhauswirt Florenz Eckart die Terrasse an der Mulde erweitern, so dass sich diese unter großen Linden vom Schützenhaus bis zur „Schaddelmühle“ erstreckte. Neben den großen Ausstellungsbauten gab es noch kleinere von verschiedenen Schaustellern, wie eine 25m hohe doppelläufige Spiralrutsche oder ein Zauberzelt. Auch stellten verschiedene Aussteller, wie die Maschinenbau-Anstalt Golzern-Grimma oder der Steinbruchbetrieb Weishorn, im Freigelände aus. Die Rabatten waren mit zahlreichen Schmuckpflanzungen versehen und die Wege von insgesamt etwa 1.800 Gaslämpchen gesäumt. Der Platz vor der Ausstellungshalle wurde durch elektrische Bogenlampen beleuchtet, welche die nötige Elektrizität vom Schlachthof bezogen, da Grimma erst 1912 an das Stromnetz angeschlossen wurde. Statt einer einzigen Halle, wie ursprünglich geplant, bot sich dem Besucher letztendlich ein geschlossenes und parkähnlich ausgestaltetes Ensemble.