Als in Grimma das Gewerbe blühte

Die Industrie- und Gewerbeausstellung 1908

Vorbereitungen

Als das 50-jährige Jubiläum des Gewerbevereins bevorstand, regte der Goldschmiedemeister Noack, welcher seit geraumer Zeit erneut den Vorsitz innehatte, wieder eine Ausstellung an. Im Mai 1907 führte man daher eine Befragung unter den hiesigen Gewerbetreibenden durch, welche eine positive Resonanz fand. Auf einer Versammlung im Juni, an der sich nur 34 von etwa 180 Mitgliedern beteiligten, stimmten 32 für eine Ausstellung beim Schützenhaus. Somit war der Weg für die 2. Gewerbeausstellung in Grimma frei, zumal diesmal der behördliche Segen durch die Ehrenvorsitze von Bürgermeister Lobeck und Amtshauptmann Hänichen gesichert war. Allerdings sollte die Platzfrage wieder zur Zerreißprobe werden. Schon im Juli kam es zum großen Paukenschlag, als auf einer Versammlung neben dem vom Gewerbevereinsvorstand favorisierten Schützenhausplatz plötzlich noch drei andere potentielle Veranstaltungsorte zur Diskussion gebracht wurden. Vor allem die zahlreichen Vereinsmitglieder, welche gleichzeitig im Schützenverein tätig waren brachten den Schützenhof ins Spiel, der dem Schützenverein gehörte und mit welchem sich die Schützengilde finanziell übernommen hatte. Nun erhoffte man sich einen Imagegewinn und plante, die erforderliche Ausstellungshalle später als neue Schießhalle günstig erwerben zu können. Neben den beiden Favoriten waren aber auch noch der Tops mit Schwanenteichanlagen und der Exerzierplatz bei der Roten Schule als Ausstellungsgelände im Gespräch. Alle in Betracht kommenden Grundstücke hatten ihre Vor- und Nachteile. Für das Schützenhaus sprachen ein ausreichend großes Gelände, die Nähe zur Innenstadt und zum Schlachthof, dessen Elektrizitätswerk man benötigte. Auch der Schützenhof mit Festwiese bot genügend Platz und war, im Gegensatz zum Schützenhaus, hochwassersicher. Allerdings war er relativ weit von der Stadt entfernt und die sandigen Böden eigneten sich nicht für die geplanten gärtnerischen Anlagen. Der Exerzierplatz an der Roten Schule bot ebenfalls ausreichend Platz, war aber kaum erschlossen und lag etwas weit vom Zentrum entfernt. Das Gelände am Tops wurde mit seinen etwa 6000m2 von den meisten Mitgliedern schlicht als zu klein empfunden.

Nach einer hitzig geführten Debatte befürworteten in einer geheimen Abstimmung von 85 anwesenden Mitgliedern 42 den Schützenhof und nur 35 das Schützenhaus. Während der Vorstand enttäuscht war, dass die Fraktion der Schützen ihr Interesse über das des Gewerbevereins stellte, fühlten sich letztere in ihrer Meinung bestätigt und beharrten in der Folge auf dem Abstimmungsergebnis.

Der Vorstand des Gewerbevereines führte daher unter den bis dato 125 potentiellen Grimmaer Ausstellern eine Befragung in punkto Ausstellungsplatz durch. Von diesen sprachen sich 57 für das Schützenhaus und nur 34 für den Schützenhof aus. Der Rest stand dem Thema gleichgültig gegenüber.
Erwartungsgemäß wurde weiter gestritten, aber letztlich setzten sich die Schützenhausbefürworter durch, indem der Vorstand geschlossen mit Rücktritt drohte, sollten sich die Schützenhofbefürworter durchsetzen. Auch das Verhalten der Schützengilde trug indirekt zu der Entscheidung für das Schützenhaus bei, da sie nur vage finanzielle Hilfe in Aussicht stellte und sich mit konkreten Zusagen zurückhielt. Nach diesen ersten Querelen ging es zügig voran und bereits im August wurden die verschiedenen Ausschüsse gewählt und das Gelände abgesteckt. Die Kosten der Ausstellung wurden mit Hinblick auf die 1906 stattgefundene Rochlitzer Gewerbeausstellung auf 14.250 Mark, die Einnahmen auf 15.000 Mark geschätzt. Es wurde ein Garantiefond eingerichtet dessen Inhalt schon im Oktober 1907 die avisierten Kosten deckte. Somit waren auch die finanziellen Hürden genommen.