Die Industrie- und Gewerbeausstellung 1908
Das Kulturprogramm
Die Gewerbeausstellung wurde von einem umfangreichen Kulturprogramm begleitet. Neben den ständigen Attraktionen wie einer 25m hohen Spiralrutsche oder einer Reithalle standen den Besuchern auch mehrere Lokale zur Verfügung, die mit täglichen Gesangsdarbietungen und Tanzveranstaltungen aufwarteten. Daneben fanden täglich ab der Mittagszeit Platzkonzerte der Husarenkapelle und des Stadtorchesters statt. Im großen Saal des Schützenhauses luden im Wechsel zwei Festspiele die Besucher zum Verweilen ein. Ein weiteres Highlight waren die Aufführungen der Liedertafel und das Märchenspiel „Schneewittchen“ der Bürgerschule mit über 260 Kindern. Insgesamt waren diese Sonderveranstaltungen mit alleine 8.269 Besuchern ein Publikumsmagnet. Zudem beteiligten sich an verschiedenen Tagen auch mehrere Vereine an der Ausstellung. So veranstaltete der Turnverein ein Schauturnen und der Ruderclub in den Abendstunden eine Ruderpartie auf der Mulde mit stimmungsvoll beleuchteten Booten. Ein weiterer Besuchermagnet waren die Ballonaufstiege des Leipziger Luftschiffers Feller.
Am 11. Juni veranstaltete der Landwirtschaftliche Kreisverein auf dem ehemaligen Reitplatz bei der Roten Schule eine Kreis-Rinderschau mit 178 Tieren aus 29 Orten. Das gleichzeitig mit der Gewerbeausstellung im Schützenhof stattfindende Schützenfest hatte dagegen mit einem erheblichen Besuchermangel zu kämpfen. Die Schützengilde hatte sich durch diesen Termin einen größeren Zuspruch erhofft, aber das Gegenteil trat ein. Das Publikum, welches durch die vielen Attraktionen der Ausstellung bereits gesättigt war, scheute den relativ langen Weg zum Weinberg bzw. hatte schlicht keine Zeit und Geld um beide Veranstaltungen zu besuchen.
Auch die Schausteller und Gastwirte bereicherten mit eigenen Initiativen das Angebot. So spielte beispielsweise im „Heidelberger Faß“ täglich die Damenkapelle „Alt-Heidelberg“ und vom 15. bis 20. Juni war hier mit dem „Langen Josef“ der längste Soldat Kaiser Wilhelms II. (2,39m) zu sehen.
Von allen Besuchern wurde die allabendliche Illumination des Ausstellungsgeländes begeistert aufgenommen. Diese bestand aus elektrisch beleuchteten Bogenlampen, etwa 1800 bunten Gaslämpchen, welche u.a. die Wege flankierten und einer in Rot und Grün strahlenden Leuchtfontäne des Klempnermeisters Beyrich. An verschiedenen Tagen wurde das Gesamtbild noch durch ein Feuerwerk abgerundet.
Das Ganze hatte natürlich seinen Preis. Allein die Gagen für die Musik beliefen sich auf insgesamt 2.350 Mark, die Beleuchtung schlug mit 1.371 Mark zu Buche. Dass sich der finanzielle Aufwand dennoch gelohnt hat, zeigte der deutliche Gewinn am Ende der Ausstellung.
Der Eintritt zum Ausstellungsgelände kostete 50 Pfennig, für die Ausstellungshallen, die Festspiele oder die sonstigen Attraktionen wurde extra Eintritt verlangt. Die Eintrittspreise wurden, insbesondere von den Einheimischen, als relativ hoch wahrgenommen. Dennoch war man sich allgemein einig, dass der Preis im Hinblick auf das Gebotene gerechtfertigt war. Die Stadtbevölkerung nutzte ohnehin meist die Dauerkarten oder konnte teilweise auf Vergünstigungen zurückgreifen. So kostete eine Dauerkarte für Familien nur 3,50 Mark, für Einzelpersonen 2,50 Mark.